nicht im Stich gelassen zu werden. In Deutsch-
land hatte man angesichts der ungünstigen Reichs-
finanzen die Heeresstärke erheblich unter den her-
kömmlichen Satz von 1% der Bevölkerung sinken
lassen; jetzt beantragte die Regierung im Hinblick
auf die drohende Kriegsgefahr die Herstellung
dieser Verhältniszahl durch Vergrößerung der
Armee um 41 000 Mann (von 427 000 auf 468 000).
Nicht nur wegen der unverkennbaren äußeren
Gefahr, sondern auch innerlich waren die beiden
Oppositionsparteien, das Zentrum und die Deutsch-
freisinnigen, geneigt, der Regierung entgegenzu-
kommen. Die Taktik des Abgeordneten Windt-
horst war es ja schon lange, sich gleichzeitig der
Regierung unentbehrlich zu machen und sie unter
Druck zu halten und ihr Konzessionen abzupressen.
Die deutschfreisinnige Partei hatte sich im Jahre
1884 aus der alten Fortschrittspartei und den
nationalliberalen Sezessionisten neu gebildet mit
dem unausgesprochenen Programm, einmal bei
einem Regierungswechsel sich dem neuen Kaiser
zur Verfügung zu stellen und Bismarck zu ersetzen.
Da nun kein deutscher Kaiser je in Armeefragen
mit sich spaßen lassen wird, so mußte sie sehr vor-
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