daß man den Umfang der Mittel und ihre genaue Verwendung festlegen und sich später
dadurch gebunden fühlen könnte. Große, möglichst wenig spezialisierte Dispositions-
fonds wären das Gegebene gewesen. Sie widersprechen aber dem preußisch-deutschen
Schema und hätten dem Reichstage nicht die köstliche Gelegenheit gegeben, mitzureden —
allerdings in Sachen, die er damals noch nicht verstand. So entwickelte sich der Krieg
gegen Rechnungshof und Reichstag. Bennigsen hätte, wie später Graf Götzen, sich auf
den Buchstabenstandpunkt tellen können. Dann wären hier Fonds, die bewilligt waren,
nicht genutzt worden, weil die Umstände, unter denen man sie auszugeben gedacht
hatte, nicht eingetreten waren. Dann hätte das Gonvernement mit Ersparnissen auf-
warten und sich das Wohlgefallen des Reichstages und Rechnungshofes erringen
können. Ebenso hätte man plötzlich auftretende Entwicklungsmöglichkeiten, welche
Ausgaben erforderten, die nicht bewilligt waren, mit kaltherzigem Achselzucken ver-
passen können, um korrekt zu bleiben. Dazu war Nudolf von Bennigsen — der Sohn
des bekannten Parlamentariers — nicht der Mann. Es wurde nicht verschwendet;
aber es wurde der Notdurft der Kolonie Rechnung getragen auch über den Rahmen
der zur Verfügung gestellten Mittel hinaus und ohne schenen Aufblick zu Reichstag
und Rechnungshof. Bennigsen überschritt den Etat alljährlich erheblich. Aber dafür
wurde auch etwas geleistet.
Der Forschungsreisende und frühere Wißmannoffizier Dr. Stuhlmann war unter
Scheele als Chef der Kartographie des Schutzgebietes tätig gewesen; ihm ist es zu ver-
danken, daß die Offiziere und Beamten bereits damals dafür interessiert wurden,
ihre Märsche und Expeditionen mit Uhr und Kompaß in Rontenaufnahmen festzulegen,
die sachverständig ineinandergefügt die vorzüglichen Landkarten ergaben, um die uns
heute unsere wenigstens auf diesem Gebiet weniger tätigen Nachbarn in Ostafrika
beneiden. Stuhlmann wurde Chef der neuen Abteilung für Landeskultur und Landes-
vermessung. Als Naturwissenschaftler hatte er sich für das Plantagenwesen wie für die
Eingeborenenkulturen gleichmäßig interessiert und ein reiches praktisches Wissen
erworben, das jetzt seine zweckmäßige Verwendung fand.
Daneben bestanden eine Justizabteilung, die der Oberrichter Eschke, eine Medizinal-
abteilung, die der Oberistabsarzt der Schutztruppe Dr. Becker, eine Bauabteilung,
die der Regierungsbaumeister Wiskow verwaltete. Nebengeordnet bestand das Kom-
mando der Schutztruppe und das der Flottille. Dem Chef der Finanzabteilung bei-
geordnet war der Zolldirektor als Vorgesetzter der Zollämter.
Die bedeutende Persönlichkeit Bennigsens führte dahin, daß die Finanzabteilung
ein fast erdrückendes Ubergewicht bekam; sie war eigentlich die allgemeine Verwaltungs-
abteilung, die die ganze Verwaltung des Jnnern und die Personalien mitbesorgte.
Das ging, so lange ein so gar nicht einseitiger Mann wie Bennigsen an der Spitze stand.
Es führte zu schweren Mißständen, je mehr reine Finanz= und Kassenleute die Führung
übernahmen, deren Idcal immer mehr korrekte Abrechnung wurde nach dem Grund-
fatze: Berlin gibt das Geld, also weiß Berlin es besser. Das Bestreben ging — und
leider mit Erfolg — immer mehr dahin, die ganze Verwaltung in den Bannkreis der
Finanzverwaltung hineinzuzwängen, davon wird später zu reden sein.
Einc wichtige Tätigkeit hatte der Gonverneur in der Regelung der Landfrage zu
entfalten. Die scheinbar günstigen Ergebnisse des Kaffecebanes in Usambara hatten die
Ausdehnung der bestehenden, die Anlage neuer Pflanzungen und die Gründung weiterer
Gesellschaften zur Folge. Im Gebirge (Handci) von Ostusambara besaß 1895 die
D. O. A. G. fünf Pflanzungen und die U. K. G. (Usambarakaffcebau-Gesellschaft)
eine. Dazu war gekommen die Pflanzung Ngna eines Herrn Mismahl, die Pflanzung
Kwa Mkoro des Prinzen Albrecht von Preußen (P. A. P. Prinz Albrecht-Plantagen
mit zunächst 300 000 Mark Kapital), die Pflan zung der Rheinischen Handels-Plantagen-
Gesellschaft (1 500 000 Mark), und die Pflanzung Magrotto der Westdeutschen Handels-
und Plantagengesellschaft zu Düsseldorf (früher Perrot & Co.). Auch im Gebirge von
Westusambara wurde eine Kaffeepflanzung in Sakarre angelegt. In dem hügeligen