Missionsschulen natürlich keiner lebhaften Inanspruchnahme. Sie suchte und fand
daher ihre Bildung in den Koranschulen, in denen sie die Landessprache — Snaheli —
mit arabischen Buchstaben lesen und schreiben lernte und sich überhaupt eine arabisierende
Halbkultur aneignete. Das Gouvernement mußte aus Sparsamkeitsgründen wünschen.
eine Reihe niederer Funktionen im allgemeinen Verwaltungs= und Zolldienst durch
Eingeborene verrichten zu lassen, die dazu aber der Kenntnis des Lesens und Schreibens
mit lateinischen Buchstaben und des Rechnens bedurften. Dasselbe Bedürfnis macht
sich auf den Plantagen und den übrigen europäischen Betrieben, der Eisenbahn und den
Handelshäusern geltend, wo die Nachfrage nach Aufsehern und Schreibern immer größer
wurde. Um dem gerecht zu werden, bedurfte es der Gründung von religionslosen
Schulen, die mit den Elementarkenntnissen mehr und mehr auch europäische Anschanung
und deutsche Kultur verbreiten würden. Die erste Schule wurde schon 1892 durch den,
von der deutschen Kolonialgesellschaft hinausgesandten Lehrer Barth in Bagamoio
errichtet, bald aber nach Tanga verlegt. Der Aufschwung der Tangaschule und des ganzen
deutsch-ostafrikanischen Schulwesens beruht aber auf dem Lehrer Blank, der 1893 die
Leitung übernahm und bis 1910, zuletzt als Kaiserlicher Schulinspektor, in Tanga wirktte.
1896 besuchten bereits 94 Knaben die Schule; mit der Gründung einer Vorschule in
Ssega, die einem farbigen Lehrer anvertrant wurde, tat man den ersten Schritt in das
Hinterland des Bezirks, das heute mit einem ganzen Netze von Vorschulen überzogen ist,
so daß man, da die Behörden überall auf den regelmäßigen Besuch hinwirken, wohl von
einer in Tanga bestehenden Schulpflicht der Farbigen sprechen kann. Auch in Daressalam
und Bagamojo waren Schulen errichtet worden.
Gouverneur Liebert.
Der neuernannte Gouverneur Oberst Liebert übernahm im Jannar 1897 die
Geschäfte. Er war kein Neuling in kolonialen Dingen- und in Ostafrika. Als Major im
Großen Generalstabe war er während der Zeit des Araberaufstandes Wißmanns Berliner
Vertreter in Truppenangelegenheiten gewesen und hatte im März 1890 auf einer
Informationsreise nach Deutsch-Ostafrika an den Kämpfen bei Palamakaa teilgenommen.
Das Gonvernement Liebert suchte den Wunsch nach einer Beschleunigung der
wirtschaftlichen Entwicklung zu realisieren. Und dazu schien dem Gouverneur vor allen
Dingen notwendig der Ban der Zentralbahn, für deren Trassierung die Vorarbeiten,
wie wir gesehen haben, bereits begonnen hatten. Wenn der Ban dann mehrere Jahre
später wirklich begonnen wurde, weil die Uberzeugung von der Notwendigkeit durch-
gedrungen war, so ist daran ein wesentliches Verdienst der unablässigen Werbe= und
Wecktätigkeit des Gouverneurs Liebert zuzuschreiben. Heute, wo das deutsche Volk in
seinen breitesten Schichten und der Reichstag in fast allen Fraktionen kolonialfreundlich
ist, übersieht man nur allzu leicht die undantbare Aufgabe, an der sich unsere führenden
Kolouialbeamten in den ersten beiden Jahrzehnten abmühten. Damals erschien die
Kolonie fast als lästiges Anhängsel des Reiches, und die Direktoren, der Kolonialabteilung
vertraten ihre Gonvernenre und deren Etats lau, ohne Freude und Uberzenugung, fast mit
einer ständigen Bitte um Entschuldigung, daß man mit derartigen aussichtslosen Dingen
einen hohen Reichstag belästigen müsse.
Oberst Liebert hatte das Bestreben, seine Kolonie durch eigenen Augenschein kennen
zu lernen, so bereiste er außer der Küste Usambara, Uhähä und den Kilimandjaro. Waren
diese Reisen auch als wirtschaftliche Erkundungsreisen gedacht, so kounte besonders, die
zweite nicht durchgeführt werden ohne energische Beteiligung an den Kämpfen gegen
den Kwawa.
Dieser hatte nämlich nach der Einnahme seiner Residenz durch Scheele keineswegs
das Spiel aufgegeben. Der lateute Kriegszustand blieb trotz der in die Länge gezogenen
Friedensverhandlungen bestehen.
Schon im August 1896 hatte der Kompagnieführer Prince kühn mitten im Herzen