Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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werden. Im Angust 1900 traten 1000 Mann mit 400 Hinterladern auf deutsches Gebiet 
über. Leutnant Freiherr von Münchhausen trat ihnen mit ganzen 15 Mann gegenüber, 
und seiner Geschicklichkeit und Festigkeit gelang das Unglaubliche, daß 1000 Mam 
Gewehre und Patronen zu seinen Füßen niederlegten. 
Auch die Friedenstätigkeit der Schutztruppe verdient hohe Anerkennung. Unter 
dem Gouvernement Liebert breitete sie sich über das gesamte Gebiet der Kolonie aus, 
überall eine geordnete Verwaltung einführend. Schon 1895 war die Hauptstadt für 
die Landschaft Ugogo — nach mehrfachen Verlegungen — endgültig in Kilimatinde 
angelegt worden; 1895 legte Hanptmann Ramsay am Tanganjika die Station Udüdji an. 
1897 brachte die Verlegung und Umwandlung der Station Masinde in das Bezirksamt 
Wilhelmstal, sowie die Begründung des Bezirks Ssongea im Wangonilande durch die 
achte Kompagnie. 1898 marschierte die sechste Kompagnie (Kilwa), die den Gouverneur 
nach Uhähä begleitet hatte, nach dem Süd-Tanganjika — Landschaften Ukonongo und 
Ufipa — und errichtete die Station Bismardburg. Von Kilimatinde ans wurde nach 
Norden in ein ewig unruhiges Gebiet der Militärposten Kondoa-Jrangi vorgeschoben. 
Das Jahr 1900 brachte die Station Mahenge —zwischen Kilwa und Uhähä— und Aruscha 
am Meruvulkane. Diese Stationen wurden meist mit geringen Kosten von den zu Hand- 
werkern ausgebildeten Soldaten aufgebaut; es wurde in ihrem Umkreise ein Wegenetz 
angelegt, Recht gesprochen und sogar Steuern eingezogen. 
Ganz besonders verdient auch die Tätigkeit der Sanitätsoffiziere hervorgehoben zu 
werden. Im Felde waren sie Offiziere und führten oft mit hervorragender Umsicht 
und Tapferkeit ihre Abteilungen, in der Garnison standen sie einem Hospitale vor, das, 
wenn der Leiter es verstand den Eingeborenen Vertranen einzuflößen, von Leuten der 
entferntesten Teile des Bezirks aufgesucht wurde und so ein wesentliches Band zwischen 
Regierenden und Regierten wurde. 
Es sei hier auch Robert Kochs gedacht, der 1897 und später noch mehrmals die 
Kolonie besuchte und dessen Wirksamkeit geradezu bahnbrechend für die richtige Er- 
kenntnis und Behandlung der Menschen= und Tierseuchen wurde. 
Auch organisatorische Veränderungen bei der Schutztruppe traten ein. Nicht günstig 
war es, daß seit 1896 statt des afrikanischen das heimische Dienstalter zugrunde gelegt 
wurde: während früher jeder Offizier — ganz gleich welchen Rang er zu Hause bekleidet 
hatte — als jüngster Leutnant eintrat, wurde jetzt den alten, sechs und zehn Jahre im 
Schutzgebiete tätigen Leutnants und Oberleutnants frisch herausgekommene Ober- 
leutnants und Hauptleute vorgesetzt. Dagegen war günstig die Aufhebung der Unter- 
stellung unter das Reichsmarineamt, und die Angliederung an die Kolonialabteilung. 
Im selben Jahre wurde die Uniformierung nen geregelt. Der Heimatsanzug bestand 
nun aus grauem Tuch mit weißen Aufschlägen und silbernen Metallteilen. Statt des 
Helms wurde der verwegene kurbrandenburgische Reiterhut eingeführt. 
Ein Lieblingswunsch des Gouverneurs war die Besiedelung der Kolonie mit Dent- 
schen; und so war der Hauptzweck seiner Reisen die Feststellung der Besiedelbarkeit der 
Hochländer. Das Ergebuis schien günstig, und so wurde außer der in Westusambara 
bereits bestehenden Versuchsstation Kwai noch in Uhähä die Station Dabaga angelegt, 
welche die Existenzmöglichkeit des Kleinbauern prüfen sollte. Vorgreifend sei schon hier 
bemerkt, daß gesundheitlich der Europäer auf den Hochländern durchaus bestehen kann; 
wirtschaftlich aber sind Eisenbahnen mit billigen Tarifen und Fahrstraßen die Voraus- 
setzung seiner Existenz, außerdem aber Tüchtigkeit und Anspruchslosigkeit. Eisenbahnen 
und Fahrstraßen gab es damals aber noch kaum. 
Die Haupttat des Liebertschen Gouvernements war die Einführung der von Ben- 
nigsen entworfenen Verordnung betresfend die Erhebung einer Häuser= und Hüttensteuer. 
Es wurden von Eingeborenenhütten auf dem Lande drei, in den Küstenstädten sechs 
Rupien jährlich erhoben, von Steinhäusern mehr. Die Idee war nicht neu, Wißmann, 
ja schon Soden, hat daran gedacht, aber richtig erkannt, daß es für die Durchführung 
noch zu früh war. Es war nur gerecht, daß man die Eingeborenen zu den Kosten einer
	        
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