— §G
dieses System durchführbar und für beide Teile zweckmäßig ist. Es ist deshalb zu
hoffen, daß die Reform der Arbeitergesetzgebung, die der neue Gouverneur mit glück-
licher Hand begonnen hat, weitergeführt wird. Und bei der Gewandtheit und dem zu
Tage getretenen Zielbewußtsein des Staatssekretärs kann man erwarten, daß es gelingt,
die Reichstagsmehrheit von der Notwendigkeit der Neuerungen auch im Interesse
der Arbeiter zu überzeugen. Dann wäre der Kolonie in der Hauptsache geholfen.
Jetziger Zustand und Aussichten der Kolonie.
Die Verwaltung.
Das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet wird von dem Kaiserlichen Gouverneur,
zurzeit Exzellenz Dr. Schnee verwaltet. Sein Vertreter ist der erste Referent, zurzeit
Geh. Reg.-Rat Methner. Der Gouvernemm ist befugt polizeiliche und sonstige die Ver-
waltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Gefängnis
bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen.
Bei der Gesetzgebung steht dem Gouvernenr beratend der Gouvernementsrat zur
Seite. Er besteht außer dem Gouverneur aus Mitgliedern, die dieser beruft. Zurzeit
gehören ihm an
amtliche Mitglieder: der Erste Referent, der Oberrichter, der Kommandeur der
Schutztruppe;
außeramtliche Mitglieder. Der Gonverneur hat zwölf in der Kolonie ansässige
Privatlente — und ebensoviel Stellvertreter — berufen. Die Berufungen erfolgten
ans je fünfzehn als Mitglieder und Stellvertreter von den männlichen deutschen Staats-
angehörigen der Kolonie präsentierten Personen. Das Schutzgebiet ist zu diesem Zwecke
in drei Wahlkreise eingeteilt worden.
Dem Gouvernementsrat sind zur Begutachtung vorzulegen die Vorschläge für
den jährlichen Hanshaltungsanschlag, die Entwürfe der von dem Gouverneur zu er-
lassenden Verordnungen.
. die einzelnen Zweige der Zentralverwaltung sind Referenten (Regierungsräte
angestellt.
Zentralverwaltung.
Referat für Handel und Finanzen. Unter dem Referenten arbeiten ein Zoll= und
ein Finanzdirektor. Unter dem Zolldirektor stehen die Zollinspektion und fünf Haupt-,
acht Nebenzollämter und — an der Binnengrenze — zwölf Zollstationen. Letztere werden
in der Regel durch die Bezirksämter verwaltet. Der Zollverwaltung stehen zur Be-
wachung der Küste zwei Zollkreuzer zur Verfügung, außerdem bewaffnete farbige
Zolldiener (Baharia d. h. Matrosen). Der Schutz der Binnengrenze wird durch die
Landespolizei ausgeübt.
Der Zolltarif kennt Einfuhr= und Ausfuhrzölle.
Der Einfuhrzoll beträgt 10 Proz. vom Werte, mit Ansnahme von alkoholhaltigen
Getränken, Tabak und einigen anderen Verzehrungs= und Gemßmitteln, für die be-
sondere — meist höhere — Zollsätze vorgesehen sind.
Zollfrei wurden Güter des Gouvernements und der Reichsbehörden, Kultus= und
Unterrichtsgegenstände, Maschinen, Geräte, Betriebsmittel, Anzugs- und Heirats-
gut usw. eingelassen.
Ausfuhrzölle wurden nicht erhoben auf Produkte der Plantagenwirtschaft und
— mit unwesentlichen Ausnahmen — des Ackerbaues. Wohl aber auf Produkte der
Viehzucht (Vieh, Häute) und der Sammeltätigkeit bzw. Jagd (Elfenbein, Gehörne,
Urwaldkautschuk, Wachs usw.).
Die Finanzen der Kolonie beruhen auf den eigenen Einnahmen und dem Reichs-
zuschusse. Seit 1008 ist die Kolonie wirtschaftlich selbstäudig, d. h. ein Reichszuschuß ist
aäuer noch erforderlich zur Sicherung der Kolonie gegen innere und äußere Feinde, eine