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liegender Zeit die Ochsenwagen, die weit aus dem Innern des Landes zur Küste
fuhren, um von hier hoch mit Waren beladen in langwieriger, beschwerlicher
Reise wieder dem Innern zuzustreben. Damals — bis zum Jahre 1893 — liefen
die Dampfer, meist in Kapstadt beheimatete Küstenfahrer, ansschließlich die Wal-
sischbucht an. Dort luden die Ochsenwagen und strebten dann nach Norden, um
sobald als möglich den Lauf des Swakop zu erreichen. Heute sind die unend-
lichen Schwierigkeiten, die sich diesen Transportzügen boten, durch den Bau der
Eisenbahn längst überwunden.
Der Swakopfluß, dessen Bett dicht südlich der 1893 gegründeten deutschen
Niederlassung „Swakopmund“ in das Meer mündet, führt bis zu dieser Stelle
Süßwasser unter der oberen Sandschicht und erreicht nach ergiebigen Regenzeiten
im Innern häufiger mit seinen Fluten die See als irgendein anderer Fluß des
Schutzgebiets.
Nur wenige Kilometer südlich von Swakopmund erreicht im englischen Wal-
fischbaigebiet der Kuisebflluß in mehreren Armen die Küste. In riesigem, tief
eingerissenem Felskaüon durchbricht sein Lauf den nördlichen Teil des gewaltigen
Küstengebiets, der „Namib“, das sich nunmehr in einer Länge von 600 km und
zeitweise in einer Breite bis zu 180 km bis zum Oranje hinzieht —
nur unterbrochen von der früheren Frachtstraße und jetzigen Eisenbahnlinie von
Lüderitzbucht ins Innere. In diesem Gebiet findet furchtbarste Wüstenhaftigleit,
Wasserarmut und Menschenleere ihren schärfsten Ausdruck. Die Flüsse, die, weit
im Osten entspringend, nach Westen eilen, vermögen es nicht mehr, dieses un-
endliche Meer von Sanddünen zu durchbrechen. Sie verschwinden unter den
Dünenmassen, die sich endlos bis zum Horizont hinziehen und die unter den
starken südlichen Winden fortdauernden Veränderungen unterworsen sind. Viel-
fach treten diese Dünenmassen bis dicht an die Brandung heran, so daß der
Weg längs der Küste nur zur Ebbezeit möglich und selbst dann noch gefährlich
genug ist. Zu den bemerkenswertesten Flüssen dieses Gebiets gehört der in der
Gegend der Naukluft und des Zarrisgebirges entspringende Tsauchab, der bis
zur Sossuspley als Flußbett deutlich bemerkbar ist, dann aber unter den Sand-
massen verschwindet und nach einem unterirdischen Lauf von 50 km bei Meob
dicht am Meeresstrande mit seinen süßen Wassern wieder zutage tritt. Wilde,
unwegsame und vegetationslose Felsengebirge tauchen hier und dort aus der Wüste
auf. Nur die bedeutendsten und markantesten unter ihnen tragen Namen, so der
Kauchab, der Guinasib und die Awasibberge. Südlich der Linie Lüderitzbucht —
Kubub treten die Dünen mehr zurück, und wildzerrissene Berg= und Hügel-
länder, die sich nach Osten zur Huib-Hochebene hinausziehen, erfüllen das
Küstengebiet.
Auch diese Namiblandschaften, die sich vom Ugabslusse bis zum Orauje hin-
unterziehen, waren noch vor wenigen Jahren, vor 1908, ebenso unbekannt wie
die sich nördlich anschließenden Teile des Kaokofeldes. Erst die Auffindung der
Diamanten im Jahre 1908 hat dann zahlreiche Expeditionen nach sich gezogen,
die auf der Suche nach den edlen Steinen die Wüsten durchquerten und unter
ungeheneren Anstrengungen Wege zurücklegten, die man noch kurz zuvor für
unmöglich gehalten hätte. Nicht gering ist die Zahl derer, die auf diesen kühnen
Zügen der Wüste zum Opser gefallen sind. Aber die Tätigkeit all dieser Expe-
ditionen hat wesentlich dazu beigetragen, den Schleier zu lüften, der bisher
über diesen Gebiecten lag.
Bemerkenswert ist noch, daß die Flüsse der südlichen Namib etwa vom
26. Grad nördlicher Breite ab bis zum Oranje das Meer nicht mehr erreichen.
Ihre Betten sind auf weite Strecken hinaus überhaupt nicht mehr als Flußläufe
kenntlich — so stark hat die alles über schütende Versandung eingewirkt.
Zur Vervollständigung des Bildes der Küstenlandschaften müssen wir noch-