eingerissene Flußbetten, wie in den an die Namib angrenzenden Teilen des west-
lichen Bastardlandes, treten uns hier entgegen, sondern lachende Ebenen und
breite, sanfte Täler, die von hohen, steil aufgerichteten, faltigen Bergzügen ein-
geschlossen werden — oder aus deuen die gewaltigen, eng zusammengedrängten
Wände der Gebirgsmassive aufragen. Nirgends hat man im Damaralande in Tal
und Ebene wandelnd das Gefühl des Eingeschlossenseins und der Beklemmung,
wie vielfach in den Bergländern des Groß-Namalandes, und nirgends ist hier im
Norden das Bild der Landschaft eintönig und farblos, wie wir es nur zu oft im
fernen Süden finden. Im Gegenteil: die einzelnen Teile des Bildes beleben es
jeder für sich, ergänzen sich in glücklicher Weise und bringen gemeinsam jene lieb-
lichen Szenerien und jene großartigen Landschaftsbilder hervor, die dem Damara=
lande seinen aumutenden Charakter geben. Überall tritt ein Wechsel der Formen
hervor, der jede Eintönigkeit ausschließt.
Gebirge und Ebene, Steppe, Flußwald und Hügelland schaffen immer nene
Bilder. In gewaltigen Formen heben sich die von Urgesteinen — Graniten, Gneisen
und Glimmerschiefern — gebildeten Gebirge aus den Ebenen empor, bald in zahl-
reichen hintereinanderliegenden und durch Qnerriegel verbundenen Ketten, die
hier Spitzkuppe hinter Spitzkuppe, dort scharfe Grate und massige Rücken zeigen
— bald als gewaltige Kolosse, riesenhaften Kastellen gleichend, die sie umgeben-
den Flächen überragen. Zwischen ihnen dehnt sich die Steppe aus, das unnnter-
brochene Grasland, das von dichten Banm= und Buschgruppen durchsetzt die lieb-
liche „Parklandschaft“ bildet. In gewaltigen Windungen durchziehen die flach
daliegenden und nur selten tiefer eingeschnittenen Flußläufe das Land, weithin
kenntlich an den dichten Galeriewäldern, die ihre Ufer begleiten. Die Klarheit der
Luft und die wechselreichen hellen Farben der einzelnen Teile der Szenerie geben
diesen Landschaftsbildern jene zarten und frischen Farben, die für das Damara=
land typisch sind.
Und doch hat auch dieses Land, wie alle Steppengebiete der Welt, in denen
scharf getrennte Regen- und Trockenzeiten bestehen, „zwei Gesichter“. Wenn im
Dezember die große Regenzeit einsetzt, die sich bis in den April hinzieht, dann
grünt und blüht es auf den weiten Ebenen und hoch im Bergland. Uberall
sprießt das junge grüne Gras empor, tausende und abertausende von buntgefärbten
Blumen bedecken die Steppe, und Bäume und Biüsche schmücken sich mit frischen
Trieben. Die ganze Natur atmet Frische und Wohlsein. Vom Beginn der Trocken-
zeit, etwa vom Mai an, aber verändert sich das Bild. Das grüne Gras beginnt
seine Farbe zu wechseln und geht allmählich, zunächst in ein fahles, dann in ein
immer satter werdendes Gelb über — und wenige Monate nach dem Ende der
Regenzeit bedeckt dann die im Winde wogende goldgelbe Grasflur das Land. Noch
zeigen Bäume und Büsche frisches Grün, aber auch dieses schwindet nach und nach.
Im letzten Drittel der Trockenzeit zeigt auch das Blattwerk der Dornbüsche und der
Bäunme eine verblichene graugrüne Färbung. — Wohl tritt in einigen Teilen des
Landes ab und zu eine Frühregenzeit im August-September ein, aber diese frühen
Niederschläge sind durchaus unsicher und bleiben oft jahrelang hintereinander ganz
aus. November und Dezember sind bis zum Eintreten der Regenzeit die heißesten
und unangenehmsten Monate. Durstig und trocken liegt die Steppe unter den
Strahlen der Sonne da — gewaltige, von der Feuchtigkeit nicht mehr gebundene
Stanbmassen werden von den Winden hoch aufgewirbelt und hüllen oft stunden-
lang das Land in dunkle Wolken. Nur im Schatten des Flußwaldes findet daun
der Reisende noch Kühle und Erfrischung.
Als gewaltige Lebensadern durchziehen große, in Südwestafrika „Riviere“
genannte Flußläufe das Damaraland. Es sind der Ugab, der Omaruru und der Swa-
kop, die nach Westen dem Atlantischen Ozean zufließen, der Omuramba-u-Oma-
tako, dessen Bett sich scharf nach Nordosten zum Okavango hinzieht, und der
8