Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

122 WW————————————————————*8————— 
fürter und widerstandsfähiger in ihrer Volkskraft gezeigt, als man je annehmen 
onnte. 
Waren sie doch im Kriege aufgewachsen, wie ihre Geschichte zeigt. Wir haben 
bereits gesehen, daß ursprünglich uur Buschmänner und Bergdamara das Land 
durchstreiften, um an den weit auseinander liegenden Wasserstellen zu rasten und 
ihre Buschhütten zu bauen. Nur im Süden des Schutzgebiets, im heutigen Groß- 
Namalande, saßen schon Hottentottenstämme, die bereits in früher Zeit aus der 
Kapkolonie eingewandert waren. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts aber ver- 
änderte sich das Bild. Durch das nördliche Eingangstor in unser Schutzgebiet 
am Kunene brach, durch uns unbekannte Einflüsse hinausgedrängt aus seinen 
ursprünglichen nördlicheren Wohnsitzen, die Phalanx eines mächtigen Bantuvolkes 
in das Land ein. Einer gewaltigen Flutwelle gleich überschwemmten die Ova- 
herero, begleitet von ungeheueren Rinderherden, die Landschaften des heutigen 
Damaralandes bis hinunter zu den baumreichen Ufern des Swakopflusses. Zu- 
nächst nahmen sie vom Kaokofelde Besitz, um sich dann nach Osten in die heutigen 
Gebiete von Grootfontein, des Waterberges, von Omaruru, Okahandja und 
Gobabis zu wenden. Was sich ihrem Vordringen in den Weg stellte, wurde ver- 
nichtet oder zu Sklaven gemacht. Der Rest der Buschmänner und Bergdamara 
floh in die unzugänglichsten Ortlichkeiten und führte dort das Leben des ge- 
hetzten Wildes. 
Aber die unersättliche Ländergier der Herero, eine Eigenschaft, die wir auch 
in ihrer späteren Geschichte stets aufs neue hervortreten sehen, trieb sie dazu, 
immer weiter nach Süden vorzustoßen. Hier aber fanden sie energischen Wider- 
stand. Südlich des Auasgebirges nämlich, um Rehoboth und weiterhin im Strom- 
gebiet des Auob und Nosob bis hinunter zum Oranjefluß, saßen zu Ansang des 
19. Jahrhunderts bereits Stämme der Khoi-Khoin, der Naman, oder, wie wir 
sie heute nennen, der Hottentotten. Unter ihnen ragte an Macht und Ansehen 
die rote Nation hervor, deren Häuptling Oasib weithin über den Süden herrschte. 
In der allgemeinen Linie des Swakopflusses erfolgten damals die ersten wüten- 
den Zusammenstöße zwischen den Hirten der Herero und den Jägern der Naman. 
Die schwarze und gelbe Rasse begann den gewaltigen Kampf, der fast ein volles 
Jahrhundert erfüllte. 
Als aber die Hottentotten einzusehen begannen, daß sie der gewaltigen 
Macht der Herero auf die Dauer nicht gewachsen sein würden, rief Oasib die- 
jenigen Stämme zu Hilse, die damals noch südlich des Oranjeflusses saßen und 
die sich „Orlam“-Naman nannten. Ihre Heimat hatte ursprünglich weit süd- 
licher gelegen — in den fetten Weidegründen des südlichen Kaplandes. Dort hat- 
ten sie bereits mit den Holländern gefochten, als diese ihre ersten Niederlassungen 
am Kap der Guten Hoffnung gründeten, und waren dann im Lauf der Jahr- 
zehnte in blutigen Kämpfen immer weiter und weiter nach Norden verdrängt 
worden. Ihnen war schon längst der Gebrauch des Gewehres und die Art und 
Weise europäischer Kriegführung bekannt und geläusig, und längst schon hatten 
sie voll Begier auf die Landschaften nördlich des Oranjeflusses gesehen, in denen 
ihnen eine neue glückliche Heimat zu winken schien. 
Oasibs Ruf nach Hilfe fand bei ihnen williges Gehör und rief sie zu neuen 
Taten. Ein gewaltiger Heerbaun überschritt die Ufer des Grenzflusses, und 
mit Pferd und Wagen zogen die Orlam nach Norden. Neben anderen heute 
fast vergessenen Stämmen ragten unter ihnen die Afrikaner, die Witbooi und die 
Stämme hervor, die wir späterhin als die Orlam von Bethanien und Berseba 
wiederfinden. 
Ihr Führer, Jonker Asrikaner, einer der bedeutendsten Eingeborenen, die 
Südasrika hervorgebracht hat, warf sich an der Spitze seiner Reiter auf die 
Herero und unterjochte im Fluge das Land bis weit hinauf zu dem großen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.