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hinderte naturgemäß den Anstansch der Beziehungen der Eingeborenen unterein-
ander und damit den Zusammenschluß. Wie Inseln im Weltmeer liegen die
einzelnen Dörfer in dem Urwald zerstreut. Der Kampf um die Nahrung und
das Fortkommen bewirkt, daß sich diese einzelnen Dörfer sogar meist feindlich
gegenüberstehen. Auch der Sprachenaustausch war sehr erschwert. So gibt es
in dem ganzen Urwaldbezirk keine einheitliche Sprache, sondern fast jeder einzelne
kleine Stamm spricht sein eigenes Idiom oder wenigstens seinen eigenen Dialekt.
Eine Ausnahme macht davon nur Duala, doch kann man auch diese nicht als
eine größere Stammesorganisation bezeichnen, da noch jetzt der Dualastamm unter
fünf verschiedenen selbständigen Häuptlingen steht. Wie groß die Zersplitterung
der einzelnen Stämme ist, dafür führe ich als Beweis die Verhältnisse beim Be-
zirksamt Edea an. Dort waren auf einem sehr kleinen Raum 15 verschiedene
eingeborene Häuptlinge. Es liegt auf der Hand, daß die Verwaltung durch Zu-
stände der geschilderten Art sehr erschwert wird und daß es daher unser Be-
streben sein muß, größere Stammesorganisationen zu schaffen, die unter einem
Häuptling stehen und dadurch die Arbeit der Verwaltung erleichtern. Derartige
Maßregeln müssen mit der größten Vorsicht betrieben werden. Es wird fehr
schwierig sein, unter den Eingeborenen geeignete Elemente zu finden, die die
Macht, welche man ihnen durch Zuteilung einer größeren Anzahl Dörfer gibt,
nicht nach Negerart ausuntzen, sondern sie in rechter Weise gebrauchen. Vor-
bedingung ist dabei natürlich, daß solche Versuche nur in Gebieten gemacht wer-
den, wo ein alter, erfahrener Verwaltungschef sich befindet, der die Eingeborenen
genau kennt und sich geeignete Persönlichkeiten erziehen kann. Unter jüngeren in
Afrika angestellten Beamten würde ein Versuch der Ernennung von Oberhäupt-
lingen und Zusammenschluß der kleinen Stammesorganisationen zu größeren
Verbänden sehr gewagt sein; wird nicht die geeignete Persönlichkeit gefunden
oder aus irgendwelchen anderen Zufällen, die zu erkennen dem sogenannten jungen
Afrikaner oft unmöglich ist, Unfriede erregt, so können leicht Verwicklungen ent-
stehen, die zum Aufstand führen.
Das auf den Urwald folgende Gebiet ist Grasland, zum Teil mit Galerie-
wäldern und Bodenbedeckungen, die treffend als Parklandschaft bezeichnet werden.
können. Hier finden sich schon größere einheitliche Stämme. Ich nenne die
Jaundes, die Wutes usw. In diesem Gebiet, wo die Bodenbedeckung nicht mehr
afrikanischer Urwald ist, durch dessen Unwegsamkeit dem Verkehr Schwierigkeiten
bereitet werden, haben sich schon größere Reiche gebildet, wie Bamum, Bali,
Wute usw. Die Stärke dieser Verbände war so groß, daß sie dem Ansturm der
mohammedanischen Fullahs erfolgreich Widerstand leisten konnten. Hier muß es
das Bestreben der Regierung sein, durch geeignete Maßnahmen die Macht, welche
die Hänptlinge bisher besaßen, zu erhalten und zu stützen und den Interessen
der Regierung dienstbar zu machen. Anch hier ist wie überall in Afrika, daß
ceterum censeo, daß geeignete Verwaltungschefs mit der Aufgabe betraut werden.
Es gehört ein unbedingt diplomatisches Geschick dazu, die Macht der Häuptlinge
zu stärken und zu erhalten, aber sie doch nicht zu groß werden zu lassen, daß
sie für uns eine Gefahr birgt. So halte ich es für überaus gefährlich, auch
die treuesten und anhänglichsten Häuptlinge mit modernen Waffen und Muni-
tionen auszurüsten, bzw. ihre Leute als Soldaten auszubilden; denn wer garantiert
uns, daß der eingeborene Häuptling seine Gesinnung stets behält oder daß sein
Nachsolger von derselben Gesinnung beseelt ist.
Im weiteren Hinterlande des Schutzgebietes Kamerun kommen wir auf die
Gebiete, die ausgesprochenen Steppencharakter tragen und zum Teil in der Gegend
des Tschadsees sich sogar dem Wüsteucharakter der Sahara nähern. Wir haben hier
drei Arten von Eingeborenen zu unterscheiden, die Heiden, die Fullahs, die
Kanuris und die Haussas. Die letzteren sind nur handeltreibende Nomaden und