Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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Intrigen angezettelt und schon im Dezember 1884 kam es zu einem Aufstande, 
der aber vom Admiral Knorr mit einem Geschwader schnell niedergeworfen wurde. 
England hatte noch rasch in Victoria am Fuße des großen Kamernnberges 
die Flagge gehißt und beanspruchte die Küste von Rio del Rey. Die Verhand- 
lungen zwischen Deutschland und England ergaben aber den Verzicht Englands 
auf diese Gebiete. Dafür überließ Deutschland an England Forcados an der 
Nigermündung und St. Lucia in Südafrika. Die Franzosen hatten einen An- 
spruch an die südliche Küste von Kamernn erhoben, sie wurden zur Aufgabe der- 
felben veranlaßt, indem Deutschland auf die besetzten Plätze in Konakri verzichtete. 
So waren für die Küstengebiete die Besitzverhältnisse geregelt und man konnte 
daran gehen, die Kolonie zu entwickeln. Zum ersten Gouverneur der Kolonie 
wurde der Württemberger Freiherr von Soden ernannt. 
Der damalige Standpunkt der Reichsregierung war bezüglich der Kolonial- 
politik der, daß der Schutz und die Aussicht des Reiches den deutschen Handels- 
uuternehmungen in überseeischen Ländern zu folgen und so weit einzutreten habe, 
als sich für dieselben ein Bedürfuis geltend mache. So war es in den anderen 
deutschen Besitzungen zur Gründung von Gesellschaften gekommen, die die Hoheits- 
rechte ausübten, während das Reich nur eine Oberanssicht hatte und sich in den 
ersten Jahren eines unmittelbaren Eingreifens in die Gestaltung der inneren Ver- 
hältuisse enthielt. Anders lagen die Verhältnisse für Kamernn. Die Bemühnngen 
des Reichskanzlers, die dort interessierten Handelshäuser zur Bildung einer mit 
der Lokalverwaltung zu betranenden Korporation zu bewegen, hatten nicht den 
gewünschten Erfolg, und so mußten die dorthin gesandten kaiserlichen Beamten 
unmittelbar in die Regelung der Verhältnisse eingreifen. Zur Seite stand dem 
Gonverneur ein Verwaltungsrat, der aus drei in der Kolonie ansässigen Mit- 
gliedern bestand, deren Zahl mit der Zeit vermehrt werden sollte. In einzelnen 
Fällen, wo es sich um Verhältnisse der Eingeborenen handelte, konnte der Gouver- 
neur einen oder mehrere Häuptlinge den Beratungen des Verwaltungsrates bei- 
wohnen lassen. 
Bezüglich der Rechtsstreitigkeiten war ein Schiedsgericht eingesetzt worden, 
das aus dem Gouverneur, einem Protokollführer und zwei europäischen Beisitzern 
bestand, die ebenfalls vom Gonverneur bestimmt wurden. 
Für die Rechtsprechung sollten in erster Linie die lokalen Gebräuche und 
Gewohnheiten, in zweiter Linie die in Deutschland geltenden bürgerlichen Gesetze 
maßgebend sein. Vor diesem Gerichtshof wurden alle Streitigkeiten der Euro- 
päer und in zweiter Instanz alle Streitigkeiten zwischen Europäern und Ein- 
geborenen entschieden. Die letzteren wurden in erster Instanz von Einzelrichtern, 
die der Gouverneur ernannte, unter Hinzuziehung eines Dolmetschers erledigt. 
h dus- wurden Zollbestimmungen erlassen, ferner Abgaben auf den Spiritnosen- 
andel. 
In den nächsten Jahren wurden die Verwaltungseinrichtungen weiter und 
weiter ausgebaut. Hand in Hand ging damit eine Aufklärungsarbeit nach dem 
Innern zu. Im Jahre 1888 gelang es zum ersten Male der Expedition Kund, 
Tappenbeck und Weißenborn, von der Südküste aus durch den Urwald zu dringen, 
über den Nyong und Sanaga zu gehen und die Grenze zwischen Bautu= und 
Sudauuegern festzulegen. Die Reisenden versuchten daun, direkt nach Duala durch- 
zudringen, wurden aber von den Bakokos zurückgewiesen, Kund und Tappenbeck 
verwundet, und nur mit Mühe konnte die Expedition zur Küste zurückkehren. 
1892 wurde Jaunde gegründet und so eine feste Station im Innern angelegt. 
Im Norden drang Zintgraff von Duala durch das Waldgebiet, erreichte Bali 
und somit das Grasland. Er marschierte weiter nach Ibi und Jola am Benue. 
So war er der erste, der die Küste mit dem Graslande verband. 
Denselben Erfolg hatte Morgen von Süden aus. Er hatte von Jaunde aus 
 
	        
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