Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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also z. B. zum Militärdienst und gewährt auf der anderen Seite das passive 
und aktive Wahlrecht zum Reichstag. Allerdings kann das letztere während der 
Dauer der Niederlassung im Schutzgebiet nicht ausgeübt werden, da hierfür der 
Wohnsitz in einem bestimmten Wahlbezirke Erfordernis ist. Zu erwähnen ist 
dabei noch, daß die unmittelbare Reichsangehörigkeit nicht schon durch Anstellung 
als Beamter im Dienst eines Schutzgebiets erworben wird. 
Wie besonders zu beachten ist, gelten im Sinne des Staatsangehörigkeits- 
gesetzes auch diejenigen Bewohner unserer Schutzgebiete nicht ohne weiteres als 
reichsangehörig, welche schon bei ihrer Inbesitznahme dort ansässig waren, mögen 
sie selbst, wie z. B. die nach Südwestafrika eingewanderten Buren, zur weißen 
Rasse zählen. Sie können die Reichsangehörigkeit ebenfalls nur auf dem 
Wege der Verleihung durch den Reichskanzler erwerben. Indes stehen sie doch 
zu den Schutzgebieten und damit zum Reiche in einem näheren staatsrechtlichen 
Verhältnis als z. B. ein Engländer, ein Inder oder ein in Zanzibar beheimateter 
Farbiger, der in einem Schutzgebiet Aufenthalt nimmt. Das Reich hat, indem es 
die Kolonialgebiete seiner Hoheit unterstellte, zugleich das Recht und die Pflicht 
übernommen, die dort eingesessene Bevölkerung zu schützen, wie dies ja gerade in 
der Bezeichnung dieser Gebiete als „Schutzgebiete“ zum Ausdruck kommt, und 
deren Bewohner wiederum sind zu dem Reiche in ein dauerndes Untertanenver- 
hältnis mit allen sich daraus ergebenden Folgen getreten. Sie haben dement- 
sprechend z. B. Anspruch auf Schutz dem Auslande gegenüber, wenn ihnen dort 
bei einem vorübergehenden Aufenthalte zu Handelszwecken u. dgl. Unbill wider- 
fährt, ihnen kann das Recht verliehen werden, die Reichsflagge zu führen, sie 
brauchen nicht ausgeliefert zu werden, und auf der anderen Seite kann das Reich, 
wenn sie nach Begehung eines Verbrechens auf fremdes Gebier geflüchtet sind, 
ihre Auslieferung verlangen, sie können zu Waffendiensten verpflichtet werden 
u. dgl. mehr. Man pflegt diese Rechtsstellung als „Schutzgebietsangehörigkeit“ 
oder „Landesangehörigkeit“ zu bezeichnen, indem man dabei die einzelnen Schutz- 
gebiete, deren Zwitterstellung sich auch hier geltend macht, mit selbständigen Ländern 
vergleicht. über den Erwerb und Verlust der Schutzgebietsangehörigkeit fehlt es 
jedoch noch zumeist an Vorschriften. Nur für Deutsch-Ostafrika ist im Jahre 
1903 eine Kaiserliche Verordnung ergangen, welche über den Erwerb und Ver- 
lust der „deutsch-ostafrikanischen Landesangehörigkeit“ Bestimmungen enthält. Ihre 
Verleihung hat die Niederlassung im Schutzgebiet zur Voraussetzung und erfolgt, 
nachdem der Gouverneur über den erforderlichen Antrag entschieden hat, durch 
Eintragung in eine Matrikel, die der am Wohnsitz zuständige Bezirksamtmann zu 
führen hat. Der Verlust tritt im Falle dauernden Verlassens des Schutzgebiets 
oder auf Antrag durch Löschung in der Matrikel ein. 
Den Reichsangehörigen und Schutzgebietsangehörigen stehen gegenüber die 
Ausländer, die lediglich durch die Tatsache des Aufenthaltes in einem Schutzgebiete 
zu diesem in Rechtsbeziehungen treten und nur so lange, als sie sich in dessen 
Grenzen befinden und daher der deutschen Staatsgewalt unterworfen sind. Ob 
sie Weiße oder Farbige sind und ob sie einem anderen Kulturstaat angehören 
(wie z. B. Engländer, Amerikaner, Franzosen) oder nicht (wie z. B. Eingeborene 
einer fremden Kolonie), macht dabei nur insofern einen Unterschied, als die 
Unterwerfung unter die für die nichteingeborene Bevölkerung eingeführte Gerichts- 
barkeit und Rechtsordnung in Frage kommt, worüber oben das Nähere bemerk ist. 
Die koloniale Gesetzgebung. 
Kraft der ihm durch das Schutzgebietsgesetz zur Ausübung namens des Reichs 
übertragenen Schutzgewalt, die sämtliche staatlichen Hoheitsrechte umfaßt, steht dem 
Kaiser grundsätzlich auch das Recht der Gesetzgebung für die Kolonien zu, das
	        
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