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er, da formelle Gesetze nach der Reichsverfassung ohne Mitwirkung des Bundes-
rats und Reichstags nicht erlassen werden können, auf dem Verordnungswege aus-
übt. Seinem Rechte sind freilich insofern gewisse Schranken gesetzt, als auch für
die Schutzgebiete schon eine Reihe von Rechtsgebieten reichsgesetzlich geregeit
sind, so vor allem durch das Schutzgebietsgesetz selbst die Gerichtsverfassung, das
bürgerliche Recht, Strafrecht und gerichtliche Verfahren sowie die Beurkundung
des Persouenstandes für die weiße Bevölkerung, ferner durch besondere Gesetze das
Recht der Kolonialbeamten, die Rechtsverhältnisse der Schutztruppen, die Wehr-
pflicht in den Schutzgebieten u. dgl. mehr. Durch ein Gesetz vom 30. März
1892 ist sodann noch vorgeschrieben, daß die Feststellung der Etats der Schut-
gebiete sowie die Aufnahme von Anleihen und Übernahme von Garantien des
Reichs durch Gesetz erfolgen muß. Da Bundesrat und Reichstag durch die liber-
tragung der Schutzgewalt auf den Kaiser ihrerseits auf das Gesetzgebungsrecht nicht
verzichtet haben, ist ihnen auch unbenommen, das Verordnungsrecht des Kaisers
noch weiter einzuengen, indem sie noch andere Materien gesetzlich ordnen oder
für sie gesetzliche Regelung vorschreiben.
Bei der Rechtslage, wie sie sich hiernach ergibt, hat der Kaiser im wesent-
lichen nur noch für das Eingeborenenrecht und das Verwaltungsrecht freie Hand.
Doch ist auch auf den Gebieten, die gesetzlich geregelt sind, so namentlich auf dem
der Gerichtsbarkeit, dem Verordnungsrecht des Kaisers vielfach noch ein weiter
Spielraum gelassen, indem vorgesehen ist, daß er ergänzende oder, soweit es
die Verhältnisse erfordern, sogar abweichende Vorschriften erlassen darf. So
unterliegt z. B. die Organisation der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz und die Mit-
wirkung einer Staatsanwaltschaft im Strafverfahren seiner Bestimmung. Der
Kaiser kann ferner in Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des
Reichsstrafgesetzbuchs sind, Gefängnis bis zu einem Jahre, Haft, Geldstrase und
Einziehung einzelner Gegenstände androhen, und endlich ist das Liegenschafts-
und Bergrecht ihm ganz zur Regelung überlassen.
Da der Kaiser, soweit ihm das Gesetzgebungsrecht zusteht, über die Art, wie
er von ihm Gebrauch machen will, frei befinden kann, kann er sein Verordnungs-
recht auch weiter an den Reichskanzler und die Gouverneure in den Schutzgebieten
übertragen, wie dies z. B. für die Einrichtung der Verwaltung und die Ein-
geborenenrechtspflege und auch sonst mehrfach geschehen ist.
Der Reichskanzler und die Gonverneure besitzen im übrigen schon auf Grund
des Schutzgebietsgesetzes ein umfassendes Verordnungsrecht. Durch dieses (8 15)
ist dem Reichskanzler die Besugunis beigelegt, einmal Ausführungsbestimmungen
zu dem Gesetze selbst zu erlassen, und sodann polizeiliche und sonstige die Ver-
waltung betrefsende Vorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Ge-
fängnis bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegen-
stände anzudrohen. Gleichzeitig ist der Reichskanzler ermächtigt worden, diese
seine Befugnisse weiter zu übertragen. Eine solche Übertragung ist, soweit das
Recht zu polizeilichen und Verwaltungsvorschristen und entsprechenden Straf-
androhungen in Betracht kommt, an sämtliche Gouverneure sowie z. T. auch an
die Bezirksamtmänner (in der Südsee, Südwestafrika und Ostafrika) und Distrikts-
chefs (in Südwestafrika) erfolgt. Da die Entwicklung der kolonialen Verhältnisse
in immer steigendem Maße zur Dezentralisation drängt, gewinnt dieses Ver-
ordnungsrecht der Gonverneure und lokalen Instanzen immer mehr an Be-
deutung. Unter den „die Verwaltung betresfenden“ Vorschriften im Sinne des
§ 15 des Schutzgebietsgesetzes sind nach der in der Praxis maßgebenden Aus-
legung, die freilich nicht unangefochten geblieben ist, aber als der Absicht des
Gesetzgebers entsprechend vom Reichsgericht gebilligt worden ist, auch solche zu
verstehen, welche das Zoll= und Abgabenwesen betresfen. Fast das gesamte Zoll-