—# 100
des Landes, die Festlegung des Wegenetzes durch zahllose mühevolle Rontenauf-=
nahmen, die Feststellung der wirtschaftlich nutzbaren Kräste und Vorräte des Landes
sowie die engere Fühlungnahme mit den Eingeborenen und die vielen nebenbei ge-
leisteten wissenschaftlichen Arbeiten mehrerer Persönlichkeiten.
Die sichtbaren Resultate der Wegeaufnahmen waren zunächst die europäischen
Wcgebauten und die vorzügliche von Paul Sprigade bearbeitete Karte von Togo.
Die von den Eingeborenen begangenen schmalen, gewundenen Pfade bedenteten eine
große Erschwernis des Verkehrs, und die breiten, geraden, mit Gräben und Brücken
versehenen Europäerwege, die zu jeder Jahreszeit wegsam waren, zeitigten
einen großen Aufschwung des Handels. Sowohl für weiße wie schwarze Reisende
wurden in gewissen Entfernungen an den Hauptstraßen Unterkunftsmöglichkeiten
geschaffen, die Schutz gegen das Wetter und gute Verpflegung boten. Polizisten und
verantwortlich gemachte Häuptlinge sorgten für Sicherheit, Ruhe und Ordnung. Be-
gegnete anfangs der Wegebau großem passiven Widerstand von seiten der Eingeborenen,
so baten sie später in nicht seltenen Fällen um die Anlage enropäischer breiter Wege.
Die Arbeit wurde in den einzelnen Bezirken zu Anfang gar nicht oder nur ganz
gering bezahlt, da jedem Dorf die geleistete Arbeit in Arbeitslohn umgerechnet und als
bezahlte Steuer für die Regierung gewertet wurde. Dabei lernten die leitenden Europäer
und die arbeitenden Schwarzen ohne viel Theorie die beste Praxis des Wegebaues,
und die Eingeborenen lernten zudem die Arbeit zu gemeinsamem Ziel im Sinne des
Gemeinwohls unter europäischer Führung kennen. Hierin liegt ein Moment von hoher
erzieherischer Bedentung, da dem Neger im allgemeinen bei seinem Naturkinder-
Egoismus derartige große Arbeiten völlig fremd sind, und sein euger Horizont ihn nur
die realen, materiellen Angenblickserfolge der Arbeit werten läßt. Was mit den Mitteln
der Steuerarbeit an Wege= und Brückenban in Togo im Laufe der Jahre von den
einzelnen Stationen und Bezirksämtern geleistet worden ist, verbient uneingeschränkte
Anerkennung, und steht jetzt auf einer kaum zu übertreffenden Stufe der Vervoll-
kommnung. Die praktischen Erfolge waren der erwähnte Handels= und Marktverkehr
und der sich daraus ergebende allgemeine Fortschritt des Wohlstandes. Togo hat jetzt
über 1200 km gut fahrbare, feste Wege.
Eine völlige Ansnutzung der Wege durch Wagenverkehr scheiterte bisher an der
durch die Tsetsefliege unmöglich gemachten Verwendung der Zugtiere. Jedoch drangen
trotzdem die europäischen Faktoreien als hauptsächlichste Vermittler des Handelsverkehrs
nach Anlage der Wege immer weiter in das Innere des Landes vor, um die Produkte
der Eingeborenen aufzukaufen und dagegen europäische Bedarfsartikel abzusetzen.
Es steht zu erwarten, daß der Kraftwagenverkehr den Zubringerdienst zu den Stationen
der Eisenbahnen in Zukunft immer mehr übernehmen wird. Neben dem europäischen
Handelsverkehr besteht ein reger Handel der eingeborenen Händler. Der Durchgangs-
verkehr ruht fast ganz in den Händen der Haussaleute, der Gummihandel in denen
eingesessener, ziemlich kapitalkräftiger Händler.
Hand in Hand mit der Entwicklung des Handelsverkehrs ging das Bestreben der
Regierung und der Kanfleute, die Eingeborenen zur Schaffung nener und zur inten-
siveren Ansnutzung vorhandener wirtschaftlicher Werte zu erziehen, wobei anfänglich
das von den Negern allem Neuen entgegengebrachte Mißtrauen zu überwinden Zeit
und Arbeit kostete.
Der Weg, der hier zunächst beschritten wurde, war außer dem Ankauf mancher
bisher nicht gehandelter Prodnkte durch die Firmen die Anlage von Versuchspflanzungen
durch die Stationen des Hinterlandes, denen das Saatgut oder die Pflänzlinge zumeist
von der botanischen Zentralstelle in Berlin zuging. In diesen Versuchsgärten wurden
oft Hunderte von verschiedenen Nutzpflanzen gezüchtet und erprobt. Was sich bewährte,
wurde an verschiedenen Stellen vermehrt und von hieraus kostenlos den Eingeborenen
zur Verfügung gestellt. So entstanden z. B. die Kakaokultur des Misahöhebezirks, die
Nutzholzpflanzungen in Mangu, Sokode und Misahöhe. Jetzt, seit 1007, werden auch