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weiter nach oben zu verlegen, und schließlich kommt der Augenblick, in dem die bis dahin
noch ans dem Merere hervorragenden Spitzen der Berge untertauchen. Nicht aber
verschwindet der Korallengürtel, der sie umgibt, da ja die Billionen und aber Billionen
dieser kleinen Banmeister immerfort tätig sind und Zelle auf Zelle schichten, um nur
ja in den wärmeren Wasserschichten zu bleiben. Jetzt ist der Berg ganz weggesunken
und über ihm breitet sich ein stiller, friedlicher See, der von dem Kranze des Korallen-
walles umschlossen ist, so daß die mächtige Meeresdünung nicht hineinbranden kann.
Nur hier und da hat sie sich einen engen Durchgang gebrochen, der den Schiffen die
Einfahrt in den ruhigen Lagunensee gestattet. Im Lanfe der Zeiten hat sich nun der
Korallenwall immer mehr verstärkt. Die Wogen haben die alten Zellen zum Teil zer-
stört und schlendern nun den Korallenschutt oben auf den Wall, immer mehr, immer
mehr und ohne ihn zu schwächen, denn die Korallentierchen bauen weiter, je wilder
die Wellen branden. Ja, die tosende See ist gerade ihr Element, während sie an der
Rückseite des Walles, wo der stille Lagunensee sich träge dehnt, nicht mehr leben können.
Sonne und Regen zermürben den Kalkschutt, und die Meeresströmung und die Vögel
wetteifern miteinander, dem neuen Lande Saat zuzubringen, damit es eine Pflanzen-
decke erhalte, die in dem seuchtwarmen Klima sich schnell weiterentwickelt. So sind die
zahlreichen Koralleninseln, die Atolle, entstanden, von denen manche infolge vulkanischer
Bodenveränderung ihres festländischen Sockels, auf dem sie ja gewachsen sind, gelegent-
lich ein wenig in die Höhe getrieben werden. Das sind die sog. gehobenen Koralleninseln,
die aber fast alle nur geringe Bodenerhebungen ausweisen, selten höher als etwa 100 m,
während die Urgebirge bis über 4000 m (Festland von Neuguinea) emporsteigen.
Die deutschen Südseegebiete verteilen sich nun auf einen gewaltigen Meeresraum,
der sich vom 133. Grade östlicher Länge bis zum 172. westlicher Länge, also über 55 Grade
erstreckt. Es ist das einc Entferunng, die noch größer ist als beispielsweise die von Madrid
nach Teheran. So wenig man bei den Ländern und Völkern zwischen Madrid und
Teheran von gleichartigen Verhältnissen reden kann, ebensowenig ist das bei den deutschen
Südseegebieten möglich, trotzdem sie alle in mehr oder minder großer Nähe zum Aquator
liegen und trotzdem die gewaltigen, sie umgebenden Wasserflächen einen in vieler Be-
ziehung ansgleichenden Einfluß ansüben. Es würde keinem Menschen einfallen, Spanier
und Perser über einen Kamm zu scheren, und doch glaubt man in manchen Abhandlungen
über unsere Südseeschutzgebiete sich keiner allzu großen Differenzierung befleißigen zu
brauchen, wie wohl zwischen dem schwarzhäutigen, menschenfressenden Papna und dem
rotbraunen, gastlichen Samoaner die denkbar größten Verschiedenheiten psychischer
wie physischer Art bestehen. Eine getreunte Behandlung der einzelnen Gebiete ist
daher unumgänglich notwendig.
Kaiser-Wilhelmsland.
Der deutsche Anteil an Neugninea, Kaiser-Wilhelms-Land genannt, nimmt das
kleinere nordöstliche Viertel dieser Insel ein. Abgesehen von den Küstengebieten und
den unteren Läufen des Kaiserin- A#gusta.Fiusses und des Ramn ist das Land so gut
wie gänzlich unerforscht. Die verhältnuismäßig sehr wenig zahlreich zur Erkundung des
Landes bisher unternommenen Expeditionen hatten mit großen Schwierigkeiten zu
kämpfen, die teils in der Unwegsamkeit der oft sumpfigen Wälder und der hohen Gebirgs-
züge, teils in dem den Weißen so gefährlichen Klima, teils in der feindseligen Haltung
der Inselbewohner ihre Ursachen haben. So ist es zu erklären, daß die Karte des Kaiser-
Wildelms-Landes immer noch im Innern nicht viel mehr als eine weiße Fläche darstellt,
hier und da von Gebirgszügen unterbrochen, die in ihrem allgemeinen Verlaufe nur
andentungsweise eingezeichnet sind auf Grund der ziemlich unbestimmten Angaben von
Forschern, welche sie aus der Ferne sichteten. Dagegen ist die Küstenlinie dank der
Tätigkeit der Vermessungsschiffe unserer Marine jetzt ziemlich genau festgestellt. Zwei
tiese Einschnitte, der Huongolf und die Astrolabebucht charakterisieren die östliche Hälfte