Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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wurde als König allgemein anerkannt. Aus diesem Wahlsystem entstanden viele Partei- 
kämpfe, in die sich in den achtziger Jahren die drei in Samoa interessierten Mächte 
mischten, nicht zum Vorteil der Samoaner. 20 Jahre dauerten die Wirrnisse und brachten 
viel Unglück und Blutvergießen über die sonnigen Eilande, bis endlich in dem Vertrage 
vom Jahre 1900 die beiden größten Inseln, Sawaii und Upolu, mit den kleineren Manono 
und Apolima, Deutschland zugesprochen wurden. Amerika erhielt die übrigen mit der 
Hauptinsel Tutuila, und England ließ sich sehr reichlich abfinden. Wir gaben ihm für 
die Samoainselu die Salomonen Choiseul und Isabel, die Tongagruppe und wertvolle 
Grenzgebiete in Togo. 
Seit der Deutschwerdung sind nun ruhige Zeiten in Samoa eingekehrt, und die 
Regierung hat es sehr wohl verstanden, durch Entgegenkommen und Eingehen auf den 
samoanischen Charakter und die Eigenheiten der Samoaner, den Frieden zu erhalten 
und zu festigen. Der letzte König war Mataafa. Seine Königswürde hatte er an den 
deutschen Kaiser abgetreten und erhielt statt dessen den Titel eines „Alüs sili“ (höchster 
Häuptling) und die Stellung eines Vermittlers zwischen der deutschen Regierung und 
den samoanischen Distrikten. Man bedient sich der ehemaligen staatlichen Einrichtung 
der Samoaner, um durch die Distriktshäuptlinge und die Dorfältesten Einfluß auf das 
Volk zu gewinnen. Dieses System hat sich bewährt. Die Samoaner lieferten schon 
nach kurzer Zeit freiwillig ihre Gewehre aus und unterwarfen sich ohne Widerspruch 
der Steuerzahlung. Man erzieht die Eingeborenen auch langsam zum Erwerbsleben. 
Sie bleiben aber freie Leute auf eigenem Lande, denn als Plantagenarbeiter eignen 
sie sich schlecht, da sie geregelte tägliche Arbeit nicht kennen, vielmehr nur soviel zu 
schaffen gewohnt sind, als für den Angenblick notwendig ist. Man darf darum den 
Samoaner nicht faul nennen, man muß nur seine Taropflanzungen und-Bananenkulturen 
sehen, die oft manche Wegstunden vom Dorf entfernt auf den Bergen liegen, um seinen 
Fleiß und seine Arbeit anzuerkennen. Sein Körper ist aber nicht zur Ausdauer trainiert, 
er kann im Moment eine respektable Kraft anfbieten und große Anstrengungen leisten, 
aber nicht auf die Dauer aushalten. 
Seit 1830, als der erste englische Missionar Williams sich auf den Inseln niederließ, 
hat das Christentum auf Samoa Eingang gefunden, und heute sind alle Samoaner 
getauft. Die älteste Mission ist die London-Mission, die auch die meisten Anhänger 
hat, dann folgten die Wesleyaner und die französischen Maristen. Die Missionen haben 
Schulen und Kirchen erbant, die fleißig besucht werden. Der moderne Samoaner kann 
seine Sprache lesen und schreiben. Erfreulicherweise ist die Annahme des Christentums 
nicht mit einer Beseitigung der zum Teil sehr guten, schönen und hygienischen Sitten 
verknüpft gewesen. So sehen wir denn auch heute noch den Samoaner bekleidet nur 
mit einem Lendentuche (Lavalava), jetzt aus eingeführtem bedrucktem Baumwollstoff, 
früher aus Blättern und Blumengewinden oder selbstgefertigten Matten und Rinden- 
stoffen hergestellt. Die Mädchen und Frauen tragen dazu ein kleines ärmelloses Jäckchen 
ans Kattun bis an die Hüften oder ein Hängerkleid, bis zu den Knien reichend. Selten 
sieht man Samoaner ohne Blumenschmuck, zum wenigsten stecken sie eine Blüte hinter 
das Ohr. Zu größeren Festlichkeiten umwinden sie Hals und Nacken mit duftenden 
Blumenketten und tragen Blumenkränze im Haar. 
Die Stellung der Samoanerin ist entschieden eine bedentend höhere als diejenige 
der Frauen auf den meisten anderen Inseln. Wenn auch die gewöhnliche Fran im Alter 
das Arbbeitstier ist, so hat sie doch in der Jugend genng Freiheit und Glück genossen. 
Die vornehme Frau erfreut sich jederzeit großer Achtung. Am bezeichnetsten ist die 
Stellung der Tanpon, der offiziellen Ehrenjungfrau eines jeden Dorfes. Sie steht im 
Range gleich hinter dem Häuptling und ist der verhätschelte Liebling der ganzen Ge- 
meinde. Meist die Tochter des Dorfhäuptlings, aber immer ans angesehener Familie 
stammend, wird sie schon als Kind gewählt und für ihr verantwortungsvolles Amt 
erzogen. Anmut und Bescheidenheit sind bei der Wahl ausschlaggebend. Sie ist die 
Hüterin des sehr strengen und bis ins kleinste ausgebildeten Zeremoniells. Bei Festlich- 
 
	        
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