Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
3“3“z“z I:3sus3ss 
öffentlichung seiner Zustimmung. Nur in dringenden Fällen darf von der vor- 
herigen Einholung der letzteren abgesehen werden. Die Verordnungen (Notver- 
ordnungen) sind aber alsdann dem Landesrat bei seinem nächsten Zusammen- 
treten zur Genehmigung vorzulegen. 
In Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika ist der Bevölkerung im ge- 
wissen Umfange auch eine Mitwirkung bei der staatlichen Bezirksverwaltung durch 
die dort eingesetzten Bezirksräte eingeräumt, welche sich aus dem Bezirksamtmann 
als Vorsitzenden sowie gewählten, nicht beamteten Mitgliedern zusammensetzen. 
Die Bezirksräte, die lediglich beratende Organe sind, nehmen innerhalb des Be- 
reichs der Bezirke etwa die gleiche Stellung ein wie die Gouvernementsräte für 
die Schutzgebiete. 
Eine weitere Verwirklichung hat der Gedanke der Selbstverwaltung in Deutsch- 
Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika durch die Schaffung von kommunalen Selbst- 
verwaltungskörperschaften erfahren. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet eine 
Kaiserliche Verordnung vom 3. Juli 1899, wonach der Reichskanzler ermächtigt 
ist, Wohnplätze in den Schutzgebieten zu kommunalen Verbänden zu vereinigen, 
denen die Fähigkeit beigelegt ist, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigen- 
tum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, vor Gericht zu 
klagen und verklagt zu werden. Von dieser Ermächtigung hat der Reichskanzler 
neuerdings (in der Verordnung betreffend die Selbstverwaltung vom 28. Januar 
1909) für Deutsch-Südwestafrika einen umfassenden Gebrauch gemacht. Dort sind 
einmal aus den örtlich zusammengeschlossenen Siedelungen, von denen viele schon 
einen städtischen Charakter tragen, Gemeindeverbände, und sodann weiter aus 
den Gemeinden und den ländlichen Niederlassungen Bezirksverbände gebildet, 
deren Vern altungsbereich dem räumlichen Dienstbereich eines Bezirks= oder selb- 
ständigen Distriktsamts entspricht. 
Die Gemeinden, denen neben Aufgaben rein kommunaler Art auch z. B. die 
Fürsorge für Arme und Kranke, das Begräbniswesen und die Unterhaltung von 
Schulen überwiesen sind, werden von einem gewählten Gemeinderat und einem 
Gemeindevorsteher (in Städten mit der Bezeichnung „Bürgermeister“) verwaltet. 
Der Gemeindevorsteher ist Vorsitzender des Gemeinderats. Die laufenden Ge- 
schäfte erledigt er selbständig. Wahlberechtigt zum Gemeinderat ist jeder Ge- 
meindeangehörige, der gewissen Voraussetzungen genügt (insbesondere 25 Jahre 
al", wirtschaftlich selbständig ist sowie in dem Gemeindebezirk zwei Jahre seinen 
Wohnsitz hat), wählbar, abgesehen von Ausnahmen (z. B. für besoldete Ge- 
meindebeamte und polizeiliche Exekutivbeamte) jeder wahlberechtigte Gemeinde- 
angehörige. Die Wahl erfolgt nach berufsständischen Gruppen und gilt für eine 
Periode von vier Jahren. Der Gemeindevorsteher und ein oder mehrere Stellver- 
treter werden auf drei Jahre von den Gemeinderatsmitgliedern gewählt. Bei 
der Wiederwahl eines berufsmäßigen Gemeindevorstehers kann die Wahl auf 
Lebenszeit erfolgen. Die Wahlen der Gemeindevorsteher und Stellvertreter be- 
dürfen der Bestätigung durch die Anfsichtsbehörde. Der Gemeinderat ist befugt, 
den Gemeindeangehörigen Abgaben aufzuerlegen sowie innerhalb seines Zuständig- 
keitsbereichs statutarische Bestimmungen (in der Verordnung als „Ortsgesetze“ be- 
zeichnet) mit öffentlich-rechtlicher Wirkung zu erlassen. Über die Einnahmen und 
Ausgaben der Gemeinden sind jährlich Haushaltungspläne aufzustellen, die der 
Aufsichtsbehörde zur Kenntnisnahme vorzulegen sind. Die Aufsicht übt der Gou- 
verneur aus, der ihre Durchführung den Bezirks= und Distriktsämtern übertragen 
ann. 
An der Spitze der Bezirksverbände steht der Bezirksamtmann oder Distrikts- 
chef. Die Bezirksamtmänner und Distriktschefs sind also in Deutsch-Südwest- 
afrika, ähnlich wie in der Heimat die Landräte, gleichzeitig staatliche und kommn- 
nale Beamte. Auch die Bezirksräte dienen beiden Zwecken. In kommunalen An- 
2*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.