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Verwaltung des Schutzgebietes in großen Zügen zu geben. Die Würdigung der ein-
zelnen Maßnahmen soll einem späteren Kapitel vorbehalten bleiben.
Durch eine Allerhöchste Kabinettsorder vom 27. April 1898 wurde gleichzeitig
mit der Erneunung zum Schutzgebiet die Kolonialgerichtsbarkeit eingeführt, an deren
Stelle am 1. Januar 1901 das Schutzgebietsgesetz vom Jahre 1900 trat. Für Be-
rufungssachen wurde 1907 ein Obergericht in Tsingtau eingesetzt. Damit schied das
Konsulargericht in Schanghai als Berufungsgericht aus. Um Instiz und Verwaltung
Mmöglichst einheitlich zu gestalten, wurden den im Jahre 1899 geschaffenen Bezirks-
ämtern Tsingtau und Litsun zugleich die Gerichtsbarkeit verliehen, seit der Schaffung
eines besonderen Polizeiamtes in Tsingtau hat das dortige Bezirksamt nur die Rechts-
pflege auszuüben.
Die Chinesen unterstehen innerhalb des Schutzgebietes dem deutschen Straf-
gesetz, jedoch mit Anderungen, die ihrer Rechtsauffassung eigentümlich sind, so ist als
Strafe u. a. z. B. die Prügelstrafe vorgesehen. Für Zivilrechtssachen soll das örtliche
Gewohnheitsrecht maßgebend sein.
Nichts wäre verkehrter und mehr geeignet, das Vertrauen der chinesischen Bevölke-
rung zu erschüttern, wenn man ihr ein Recht aufzwänge, daß ihnen völlig fremd wäre.
Was das Volk will, ist strenge Unparteilichkeit seiner Richter, und von der ist leider bei den
einheimischen Gerichten wenig zu merken. Also behandle man den Chinesen gerecht,
leihe ihm seinen Schutz, wenn er dessen bedürftig, und lasse ihn im übrigen gewähren.
Die deutsche Verwaltung des Schutzgebietes ist in diesem Sinne auf der richtigen Bahn.
Als Besatzung des Schutzgebietes wurde das III. Seebataillon und eine Matrosen-
Artilleriekompagnie bestimmt, die jetzt auf eine Abteilung zu vier Kompagnien ver-
mehrt ist. Der erste Transport traf am 26. Jannar 1898 ein, kurz daranf der erste Gon-
vernenr des Schutzgebietes, Kapitän z. S. Rosendahl. Die Boxerunruhen des Jahres 1900
berührten das Schutzgebiet unmittelbar nicht. Der Gonvernenur von Schantung, Büan-
schi-kai, verstand es, die Bewegung niederzuhalten, die an dem Ban der Schantung-
Bahn beschäftigten Ingenieure und Arbeiter waren nach Tsingtau zurückgekehrt, so-
daß keine unmittelbare Gefahr für deutsche Staatsangehörige vorlag, trotzdem war die
Zeit aufregend genug, da die Hälfte des Secbataillons und sämtliche Kriegsschiffe
mit Ausnahme des Krenzers Irene, nach dem Norden abgegangen waren. Nach deren
Rückkehr im Oktober 1900 übernahm das Gonvernement, an dessen Spitze mittlerweile
Kapitän z. S. Jäschke getreten war, nach Verständigung der chinesischen Regierung
den Schutz des Bahnubaues in der neutralen Zone. Einige Dörfer mußten erstürmt
und Kiautschou und Kaumi durch deutsche Truppen besetzt werden, die erst 1905 wieder
zurückgezogen wurden. Im Frühjahr 1901 wurde der Kolonie der allseitig beliebte
Gouverneur Jäschke durch den Tod entrissen, an seine Stelle trat Kapitän z. S. Truppel,
der schon 1898 im Schutzgebiet geweilt hatte. Es folgten nun einige Jahre ruhiger und
friedlicher Entwicklung, die auch der Russisch-Japanische Krieg 1904/05 nicht stören
konnte. Nach dem Durchbruchsversuch der in Port Arthur eingeschlossenen russischen
Flotte liesen am 11. August 1904 das russische Linienschiff, Cäsarewitsch“, der Kreuzer
„Nowik“ und ein Torpedoboot, denen am 12. August noch zwei andere folgten, in
den Tsingtauer Hafen ein. Während Nowik innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen
24 Stunden wieder in See ging, blieben die anderen Schiffe nach ihrer Entwaffnung
bis zum Ende des Krieges im Hafen. Vom 6. bis 11. Juni 1910 besuchte der Herzog
Johann Albrecht von Mecklenburg, Regent von Braunschweig und Vorsitzender der
Deutschen Kolonialgesellschaft nebst seiner Gemahlin das Schutzgebiet, nachdem schon
im Jahre 1907 eine parlamentarische Kommission von Mitgliedern des Reichstages
Ostasien, darunter auch Tsingtau, zu Studienzwecken besucht hatte. Umfassende Maß-
regeln waren 1011 nötig, um das Schutzgebiet vor der Lungenpest zu bewahren, einer
in der Mandschurei ausgebrochenen Senuche, die sich schnell in Schantung verbreitet
hatte, verschleppt durch die zur Zeit des chinesischen Neujahrsfestes aus der Mandschurei
nach der Heimat zurückkehrenden Arbeiter.