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kam erst in zweiter Linic und kann nur als Mittel zum Zweck betrachtet werden. Allein
durch ihn würde die Bahn sich nicht rentieren, denn die Fahrpreise der niederen Wagen-
llassen dürfen nicht höher sein als die der früheren ortsüblichen Beförderung durch
Karren. Der Chinese ist ein Orientale und hält es mit dem Araber: die Eile ist für ihn
auch des Tenufels, dafür stellt er auch keine besondere Ansprüche an Begquemlichkeit.
Die Fahrtdauer von Tsinanfu bis Tsingtau beträgt für Schnellzüge 10 Stunden. Die
Schnellzüge haben modern eingerichtete Speisewagen und direkten Anschluß mit
Schlafwagenübergang an die Nord-Südbahn. Als Beamte in mittleren und unteren
Stellen werden mit gutem Erfolge Chinesen verwendet, die unter enropäischer Aufsicht
zuverlässig arbeiten. Seit dem 1. Jannar 1906 sind die Städte Weihsien, Tschoutsun
und Tsinanfn dem Fremdhandel offiziell erschlossen worden, die neueröffnete Nord-
Südbahn von Tientsin über Tsinanfu nach Pukon, gegenüber von Nanking, wird die
Bedeutung von Tsingtau als dem einzigen eisfreien Hafen Nordchinas noch mehr her-
vortreten lassen. Dagegen läßt sich allerdings nicht verhehlen, daß auch eine Ablenkung des
Verkehrs über Schanghai siattfinden kann. Um so wichtiger ist deshalb der Bau der Bahn
Kiautschon—J-tschou-fn-Kaiserkanal zur Erschließung der dort noch unausgebenteten
reichen Kohlenlager und der fruchtbaren südlichen Gebiete von Schantung. Die Konzession
zum Bau steht der deutschen Regierung aus dem Kiantschonvertrage zu. Aus Ent-
gegenkommen ist der chinesischen Regierung die Rückgabe dieser Bauerlaubnis angeboten
worden unter der Bedingung, daß die Bahn zum 1. Jannar 1915 fertig sei, eine Be-
dingung, der, wie die Dinge jetzt liegen, die Regierung nicht nachkommen kann. Es muß
dann zum Kiantschouvertrag zurückgegriffen werden, und es ist zu hoffen, daß die Bahn
mit deutschem Kapital recht bald gebaut wird, da Eile not tut, denn der Bodenreichtum
Süd-Schantungs würde sonst durch die Nord-Südbahn nach anderen Häfen abgelenkt
werden. Tsingtan als Ausgangspunkt der asiatischen Mittellandbahn von Konstantinopel
aus zu betrachten, ist eine Idec, die keineswegs unausführbar ist, jedoch einer so fernen
Zukunft angehört, daß wir uns hier mit ihr nicht weiter beschäftigen wollen, sondern
zur Betrachtung des tatsächlich Geschaffenen übergehen.
Wie schon erwähnt, spielten bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Bedeutung
von Tsingtan die Ausbentung der von Richthofen zuerst untersuchten Kohlenfelder
die Hauptrolle. Es kommen zunächst folgende an der Eisenbahn Tsingtaun—Tsinanfn
liegende in Betracht: das von Fang-tse bei Weihsien und die von Poschan und Tsang-kin
weiter landeinwärts. Das Recht der Ausbeutung wurde, um ein einheitliches Vor-
gehen zu erzielen, der Schantung-Eisenbahngesellschaft übertragen, die sich als Schantung-
Bergbau-Gesellschaft mit einem Kapital von 12 Millionen Marik bildete. Znnächst
wurde das an Bedeutung geringste, aber der Küste zunächst liegende Kohlenfeld von
Fang-tse in Angriff genommen. Schon die Chinesen hatten früher den Abbau unter-
nommen, doch gingen die Schächte nicht über 40 m Tiefe, weil es mit den einfachen
Mitteln der Technik nicht möglich war, die eindringenden Wassermassen zu bewältigen.
Die vier Förderschächte der Gesellschaft haben eine Tiefe von 177, 252, 320, 387 m.
Eine Kohlenwäsche und eine Brikettfabrik erhöhen die Verwendbarkeit des Materials,
das sich zu einer guten Hausbrandkohle eignet, aber nicht als Schiffskesselfeuerung,
Die darauf gesetzten Hoffnungen sind fehlgeschlagen und haben sich eist bei der Poschan-
kohle verwirklicht, dic sich der Kardiffkohle gleichwertig gezeigt hat. Die Jahrcsproduktion
beider Gruben betung 1910 rund 400 000 t (gegen 68 000 t 1904), die auch zum Teil
schon ausgeführt werden, in erster Linie nach Tschifn, Tientsin und Schanghai. Die
Hauptsache ist, unsere Kriegsschiffe in Ostasien in der Kohlenversorgung unabhängig
vom Ausland, besonders Japan, zu machen.
China ist reich an Kohlenfeldern, deren sachgemäße Ausbeute bis jetzt durch den
Wideristand der Bevölkerung und Regierung sehr erschwert wurde. Darin ist aber ein
Wandel eingetreten. Ulberall ist das Bestreben zu erkennen, die Hebung der Boden-
schätze selbst, unabhängig vom Auslande, in die Hand zu nehmen, sei es durch den Staat,
sei es durch private Gesellschaften. Die letzten politischen Ereignisse werden wohl eine