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Verzögerung, aber kein Aufhalten der Bewegung herbeiführen. Deshalb ist es zu
bedauern, daß man noch nicht an eine Ausbeutung der sehr abbanwürdigen Eisenerz-
lager bei Poschan herangetreten ist. Eine Verhüttung der Erze und Verarbeitung des
Eisens in Schantung, unter Umständen in Tsingtau, würde sich sehr lohnen. Die jetzt
vereinigte Schantung Eisenbahn= und Bergbaugesellschaft wird die Vorarbeiten zur
Errichtung eines Eisenwerkes voraussichtlich 1914 beenden.
Das Kohlenlager von Tsangkiu hält in seiner Abbauwürdigkeit die Mitte zwischen
dem von Fang-tse und Poschan. Die Onalität der Kohle soll dem ersteren entsprechen.
Es wird bis jetzt noch nicht ausgebeutet.
Uber weitere Mineralschätze in Schantung liegen noch keine genauen Angaben
vor, namentlich ist nichts von ihrer Ausbeutung durch die Chinesen selbst bekannt, was
immerhin als Anhaltspunkt für die Abbauwürdigkeit der Lagerstätten gelten kann.
Damit soll nicht gesagt sein, daß Mineralien nicht vorkommen, eine andere Frage ist,
ob sich der Abbau lohnt. Vor übertriebenen Erwartungen soll man sich hüten, die an-
geblichen Goldfunde bei Tschifu in den sechziger Jahren vorigen Jahrhunderts haben
sich als eine Täuschung herausgestellt.
Unter den übrigen Ausfuhrartikeln nimmt die Strohborte den ersten Platz ein.
Ihr Erzengnis ist ein uralter Besitz des Landes, schon bei der Beschreibung des Tributs
der Kian- und Laibarbaren werden „feine Grasgewebe“ erwähnt. Daneben behauptet
sich die Seide, besonders die des Eichenspinners, Schantung-Pongee genannt. Der
Hauptsitz dieser Industrie ist der östliche Teil von Schantung. Wenn auch diese Seide
nicht so fein im Gewebe ist wie die des Manlbeerspinners, so ist sie doch haltbar und
praktisch, auch für Männerkleidung. Die Wiederbewaldung der Hügel wird die Belebung
dieser Industrie zur Folge haben, die wie das Flechten der Strohborten, als Hausinduftrie
betrieben, geeignet ist, den Wohlstand und die Kanskraft der Bevölkerung zu heben.
Erwähnt sei noch die Sojabohne, die nach dem letzten Zollbericht unter dem Aus-
fuhrhandel Chinas nach der Seide die zweite Stelle einnimmt und die mannigfachste
Verwendung findet, als Nahrungsmittel, zur Olbereitung, Seifenfabrikation, als
Pferdefutter u. a. Während die Ansfuhr bis jetzt nur nach Japan stattfand, ist neuer-
dings anch Europa, besonders England, als Konsument aufgetreten. Doch ist Schantung
an der Ausfuhr nicht allein beteiligt, außerdem ist sie nach dem Stand der allgemeinen
Ernte an Nahrungsmitteln schwankend. Ebenso verhält es sich mit der Ausfuhr der
Erdnüsse, die im letzten Bericht (1911/12) für Tsingtau an zweite Stelle gerückt sind,
während an erster Stelle die Seide steht. Zum erstenmal wird in der Denkschrift 1910/11
die Rohbaumwolle erwähnt, eine Folge des Rückganges des Opiumbaues. Mit der
vermehrten Ausfuhr dieses Artikels ist mit Sicherheit zu rechnen.
Die Einfnhr überwiegt die Ausfuhr. An erster Stelle stehen Anilinfarben und
künstlicher Indigo. China ist unser bester Abnehmer in diesem Artikel, dann folgen
Nadeln, Zement, Eisenbahnmaterialien und Maschinen für industrielle Gebiete. Die
eingeführten nichtchinesischen Waren sind etwa ein Drittel deutscher Herkunft, ebenso
groß ist der Anteil Japans, der Rest verteilt sich auf England und Nordamerika. Der
Auteil der Flaggen am Gesamthandel Tsingtaus ist solgendermaßen verteilt: 54 Proz.
dentsch, 29 Proz. englisch, 13 Proz. japanisch, der Rest chinesisch und andere Staaten.
Nach den Zolleinnahmen steht Tsingtan jetzt unter den 45 dem Fremdhandel ge-
öffneten Häfen an sechter Stelle, hinter Schanghai, Tientsin, Hankon, Kanton und
Swaton, unter den Häfen Nordchinas an zweiter Stelle (nach Tientsin). Tschifn, der
andere Hafen Schantungs, kann als endgültig überholt angesehen werden.
So hat sich unsere Kolonie in Ostasien trotz aller schwarzseherischer Prophezeiungen
stetig entwickelt und trotz widriger Verhältuisse in den Jahren 1910, 1911 Fortschritte
gezeitigt. Wir können mit dem Erreichten zufrieden sein, besonders mit dem be-
ruhigenden Einfluß nnserer Verwaltung in dem Umsturzjahre 1911. Die wachsenden
eigenen Einnahmen, im Jahre 1911/12 betrugen sie rund 6 Millionen Mark, er-
möglichen es, daß der Reichszuschuß, auf den die Kolonie immer noch angewiesen ist,