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ständig zurückgeht. Er betrug im Geschäftsjahre 1911/12 7,7 Millionen Mark, am höchsten
war. er im Jahre 1905/06 mit 14,6 Millionen Mark.
In der Währung ist das Schutzgebiet eng an die in den Vertragshäfen übliche
Dollarwährung angeschlossen. Der mexikanische Silberdollar, übrigens ein sehr unhand-
liches Stück, hat einen ungefähren Kurs von 1,80 bis 2 Mark. Von der Prägung eigener
Dollars wurde Abstand genommen, dagegen sind seit 1909 Nickelmünzen im Neunwerte
des zehnten und zwanzigsten Teils des mexikanischen Dollars im Umlauf, die bis dahin
kursierenden Silberscheidemünzen chinesischer oder Hongkonger Prägung sollen in
Zukunft untersagt werden.
Außerdem hat die Deutsch-Asiatische Bank, die eine Zweigstelle in Tsingtan hat,
seit 1906 das Recht der Banknotenausgabe erhalten. Die Währungsfrage in China
ist ziemlich verwickett, da die chinesische Regierung zwar die so dringend notwendige
Reform geplant hat, aber vorläufig nicht in der Lage ist, sie durchzuführen. Es ist hier
nicht möglich, darauf näher einzugehen, ich komme zum letzten und wichtigsten Teil
in der Schilderung der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Schutzgebietes, nämlich dem
seines geistigen Einflusses. Mit allen unseren technischen Errungenschaften und mili-
tärischen Machtmitteln können wir den Chinesen wohl imponieren, und tun es auch,
ihn innerlich erobern, das können wir dadurch nicht. Wir müssen mit anderen Mitteln
versuchen, einen geistigen Einfluß auf ihn anszuüben, sein Vertrauen zu erringen.
Die Arbeit ist schwer, und wenn Kipling von der Last des weißen Mannes spricht, er
hat dabei Indien im Auge, so gilt das auch für den Deutschen im Auslande.
Bis vor kurzem war diese Arbeit in Tsingtau den in Deutschland noch immer falsch
beurteilten Missionen überlassen worden. Von Staats wegen bestand nur die seit 1902
in staatliche Aufsicht übernommene Gouveruementsschule, ein Reformprogymnasium
mit Vorschule für nichtchinesische Kinder. Das Gonvernement hatte zwar in dem Jahre
1905 mit der Gründung von Volksschulen innerhalb des Schutzgebietes begonnen, deren
es bis jetzt 16 gibt mit etwa 700 Schülern. Doch genügte das keineswegs dem Bildungs-
drange der Chinesen nach dem „fremden Wissen", und die Eröffnung der Deutsch-
Chinesischen Hochschule in Tsingtau am 25. Oktober 1009 kann deshalb als eine bedentsame
Tat angesehen werden. Damit hat Dentschland endlich angefangen, auf einem Gebiete
tätig zu sein, auf dem Eugland und die Vereinigten Staaten schon längst ausschließlich
herrschten. Der Vorsprung, den diese beiden Staaten haben — von Japan will ich
nicht reden — ist groß und die Geldmittel ebenfalls bedentender, aber ich bin der Ansicht,
daß unser Schulwesen den Vergleich nicht zu scheuen braucht und ruhig den Wettbewerb
aufnehmen kann. Die Tsingtaner Hochschule stellt sich dar als ein vertragsmäßig fest-
gelegtes Unternehmen der deutschen und chinesischen Regierung. Die letztere sorgt
für den chinesischen Unterricht und zahlt einen jährlichen Zuschuß. Die Schule teilt sich
in eine Unterstufe mit Realschulbildung und in eine Oberstufe, die sich nach den Fächern
Jurisprudenz und Staatswissenschaften, Technik, Landwirtschaft, Medizin gliedert.
Zurzeit sind 15 deutsche Lehrer angestellt, außerdem unterrichten verschiedene höhere
Beamte des Gouvernements. In allen Abteilungen wird die deutsche Sprache gelehrt.
Für auswärtige Schüler, die Gesamtzahl beträgt 370, ist ein Internat vorgesehen. An-
gegliedert an die Hochschule ist eine Ubersetzungsanstalt zur Herstellung guter Lehrbücher.
Im Januar 1913 fand in der juristischen und landwirtschaftlichen Abteilung die erste,
dem bayrischen Staatskonkurs nachgebildete Abschlußprüfung statt, in der sämtliche
13 Prüflinge bestanden. Es ist beabsichtigt, die Hochschule ständig weiter auszubauen
— zunächst zur Anfnahme von 500 Schülern — und ihre Leistungen zu steigern.
Im Juni 1911 fand zum ersten Male in Tsingtau eine Konferenz deutscher Lehrer
an chinesischen Schulen statt, die seit 1910 ein gemeinsames Organ in der „Ostasiatischen
Lehrerzeitung“ haben. Wenn wir noch die seit 1911 bestehende Deutsch-Chinesische
Mädchenschule des allgemeinen evangelisch-protestantischen Missionsvereins erwähnen,
so ist in großen Zügen das bisher auf geistigem Gebiete in Tsingtau Geleistete geschildert.
Aber es muß nochmals betont werden, daß Deutschland hierin noch nicht die ihm zu-