Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
Planmäßig geschah nun die Einnahme Kilwas, indem „Carola“ und „Schwalbe“, 
mit Bombardement die Landung und Vertreibung des Feindes einleitend, dar- 
auf ihrerseits die Marineabteilung landeten und sich alsbald mit der Wiß- 
manntruppe die „Hand reichen“ konnten. Der Feind floh alsbald, ein Teil 
glaubte sich auf dem hohen Siginohügel sicher, bis die langen modernen Geschütze 
der „Schwalbe“ ihn dort oben „wegputzten“. Da sollen die Ansreißer, wie man 
uns später noch erzählte, fürs erste nicht zum Stehen gekommen sein. Eine 
solche Tragfähigkeit hatten sie nicht vermutet! Aber wie 1870 die „Ulanen“ — 
so übte die kleine, schnelle „Schwalbe“ in jener Zeit einen geradezu faszinieren- 
den Eindruck auf die Beine des Feindes aus — im „davoneilenden Sinne“. 
Kilwa war genommen! Kriegers und Hesses Tod war gerächt. Hand in Hand 
hatten Marine und Wißmanntruppe auch hierbei gewirkt, gekämpft — gesiegt. Das 
gut geleitete Bombardement aus den Schiffsgeschützen hatte zweifellos zur schnellen 
Entscheidung beigetragen. Nun wurde ungesäumt zur Einnahme von Lindi ge- 
schritten und hierzu die Wißmanntruppe auf Dampsfer Barawa, München, Vesuv 
sowie an Bord der „Carola“ und „Schwalbe“ eingeschifft, um am 10. Mai in Lindie 
zu landen. „Carola“ blieb ihres Tiefgangs wegen außerhalb der Barre, sänberte 
aber mit ihren Granaten den Strand, bis Korvettenkapitän Hirschberg an diesem 
seinem Geburtstagsmorgen und nach zuvoriger Kanonade gegen den von Land 
aus knallenden Feind landete, zugleich auch die farbige Truppe. Der Wider- 
stand war nicht bedeutend. Es gab auf feindlicher Seite Tote und Verwundete 
— wohl die letzten, denn bei dem letzten Orte Mikindani, der dann an die Reihe 
kam, spielte sich die Sache ohne Blutvergießen ab. Mikindani, der südlichste Ort, 
ergab sich, weiße Flaggen zeigend und am 17. Mai konnte die „Schwalbe“, die 
hier allein von den Kriegsschiffen mitwirkte, beruhigt über Lindi, Kilwa-Kiwindje 
nach dem Norden ziehen. Die Arbeit war hiermit für die Marine getan. Das 
Küstengebiet war unser! Manches Opfer hatte es gekostet, aber endlich war die 
Macht des Feindes durch die dentsche Ausdauer, Energie und Tatkraft gebrochen. 
Bei dem Zusammenwirken der Marine und Polizeitruppe, die nebeneinander zu 
operieren hatten, fehlte es stellenweise nicht an einer gewissen Rivalität oder 
Meinungsverschiedenheit, wie das in ähnlichen Fällen immer der Fall gewesen. 
Aber das Große und Ganze hat in bester Weise zum Ziele geführt. 
Für die Marine war diese Tätigkeit von großer Bedentung und ein ehren- 
voller Abschnitt. Wer in der Marine von Deutsch-Ostafrika spricht, gedenkt in 
Wehmut auch der Gefallenen und Führer der Marine. Die Namen Deinhard, 
Hirschberg, Landfermann, Schelle werden stets unvergeßlich sein in der Marine- 
geschichte. Ehre ihrem Andenken! 
Für die deutschen Kriegsschiffe in Ostafrika folgten nun friedliche Jahre, in 
denen z. B. durch „Möwe“ energisch an die genaue Vermessung unseres Küsten- 
gebietes herangegangen werden konnte. Dies schloß nicht aus, daß unsere Schiffe 
bei Gelegenheit wieder aushalfen, wenn es hieß, die Schutztruppe bei Tranus- 
porten oder sonstwie zu unterstützen. Für gewöhnlich befanden sich nur ein oder 
zwei kleine Kreuzer auf der ostafrikanischen Station, die in den 70er Jahren ge- 
legentlich von einem fliegenden Kreuzergeschwader besucht wurde. 
Das blieb im allgemeinen so, bis im Jahre 1905 plötzlich an der Küste 
abermals ein Aufruhr entstand, wie man sagte, zum großen Teil durch Zan- 
berer geschürt. Damals befand sich nur „Bussard“ (Kommandant: Korvetten- 
kapitän Back) auf Station, dessen tatkräftiges Eingreifen nur anerkannt werden 
kann. Später wurde noch der kleine Kreuzer „Thetis“ (Glatzel) und „Seeadler“ 
(Puttfarcken) aus ferneren Gegenden zur Unterstützung herbeigerufen, auch wurden 
Seesoldatendetachements aus der Heimat nach Ostafrika requiriert. Bis zu diesem 
Eintrefsen war die Inanspruchnahme des „Bussard“ eine ungemein vielseitige 
und wurde im besonderen dadurch bekannt, daß Entsendungen von Landungs-
	        
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