Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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abteilungen weit ins Innere unternommen wurden, von denen besonders die- 
jenige im Mohorogebiet unter dem damaligen Oberleutnant zur See Paasche 
als sehr bemerkenswert und erfolgreich bekannt geworden ist. Sie geschahen unter 
Verstärkung von Askaris. „Der Not gehorchend“, da bei dem plötzlichen Aus- 
bruch dieses Aufstandes nicht sofort genügend starke Schutztruppenmassen zur 
Hand waren. Die Marine mußte auch wieder aushelfen, und zwar so intensiv, 
daß zeitweise der Bussardkommandant als der einzigste Seeoffizier an Bord blieb. 
Sogar der Zahlmeister klappte schließlich das Tintenfaß zu und wirkte im Verein 
mit dem Ingenicur an Land als Detachementsführer und Boma-Kommandant. 
Der Aufstand dauerte von Juli 1905 bis zum März 1906. Verschiedene Ver- 
luste hatte die Marine zu beklagen. Im Gefecht von Utete fiel der Matrose 
Gramkan (Bussard), während Leutnant Frhr. v. Stengel vom Detachement Kilwa 
an allgemeiner Blutvergiftung, der Gefreite Stoll, die Seesoldaten Hüttig, Förtsch, 
Büchsenmachergast Milkereit, Obermatrose Scherf zumeist an Herzschwäche und Ruhr 
starben. Seesoldat Buchholz ertrank in einem Fluß gelegentlich eines Patronillenganges. 
Auch bei diesen kriegerischen Ereignissen sah die Marine zunächst ihre Auf- 
gabe darin, durch Besetzung der Küstenstationen die farbigen Truppen für Land- 
expeditionen freizumachen. Zahlreiche Gefechte hatten die verschiedenen Detache- 
ments im Innern zu bestehen, so kämpfte Paasche einmal gegen 1000 Mann. 
Freilich gelang es dem Feinde nur zu häufig, zu entwischen und somit die Ge- 
legenheit, ihn kräftiger zu fassen, zu vereiteln. 
Überall aber geschah das Vorgehen deutscher Marinetruppen in unbekannten 
Gegenden und ungewohnter Tätigkeit ihrem guten Rufe entsprechend. — Was 
den allgemeinen Verlauf der Unternehmungen anlangt, so unterstützte „Bussard“ 
zunächst den Transport des Expeditionskorps Johannes (Schutztruppe), schützte 
den Ort Samanga (südlich der Rudfidji-Mündung) und entsandte Detachements 
den Rufidji hinauf und in die Umgegend von Samanga, bei welchen Kapitän- 
lentnant Nobis besonders tätig war. Alsdann ging „Bussard“ nach Kilwa, woselbst 
Leutnant zur See v. Zastrzemski bereits auf Wache stand und mit seiner kleinen 
„Macht“ die unruhige Umgegend in Schach halten sollte. Mitte August erbat 
der Gouverneur einen zweiten Krenzer und weitere Verstärkung der Schutztruppe. 
Mitte September brachte der Dampfer „Koerber“ die zur Verstärkung der Schutz- 
truppe bestimmten Abteilungen der Marineinfanterie. In drei Detachments für 
Tanga (Leutnant v. Milezewski), Kilwa (Leutnant Frhr. v. Stenzel), Lindi (Ober- 
lentnant Stieler v. Heydekampf) besetzten sie später die Küstenplätze, während ein 
Rest (Hauptmann v. Schlichting) zunächst in Daressalam blieb. Ende September 
traf „Thetis“, am 1. Oktober „Seeadler“ ein, während bis dahin „Bussard“ überall 
und nirgends sein mußte, mal in Lindi, mal in Saadani, dem im damaligen 
Aufstand soviel genannten, dann in Kilwa usw. Eine Entlastung mit Eintreffen 
der anderen Schiffe war ihm zu gönnen. Der Kommandant der „Thetis“ (Kor- 
vettenkapitän Glatzel) übernahm jetzt als Altester das Kommando. So konnte 
dann mit vereinten Krästen — wenn auch nur langsam — das aufrührerische 
Gebiet unterworfen werden. So mancher Kriegszug unserer blauen Jungen (zu 
denen ich hier die blau-weißen der Marine-Infanterie auch rechne) verdient be- 
sonders hervorgehoben zu werden. Auch auf diesen Zügen hat so mancher den 
afrikanischen Wahlspruch: „Erstens kommt es anders — zweitens als man denkt“ 
kennen gelernt; der eine so — der andere so. 
Nach diesem Aufstande 1905/06 ist's in Ostafrika ruhig geblieben; möchte 
es auch fernerhin so bleiben. Dazu gehört aber unentwegt ein scharfes Schwert; 
denn so ein bißchen Räubern, Morden und Sengen ist eine Art Familien- 
tradition im schwarzen Erdteil, und einmal damit begonnen, heißt's auch dort: 
    
L'appetit vient en mangeant!
	        
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