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in Rede stehenden Zwangsmaßregeln sind die Gouverneure sowie die von ihnen
hierzu ermächtigten Behörden. Eine solche Ermächtigung ist den meisten Behörden
der allgemeinen Verwaltung und der Bergverwaltung erteilt. Die Sonderbehörden
(Hafen-, Schiffahrts-, Eisenbahn-, Jagd= und Forstbehörden) haben, falls ihre
Anordnungen zwangsweise durchgeführt werden müssen, die allgemeinen Ver-
waltungsbehörden hierum zu ersuchen.
Gegen die Anordnungen der Verwaltungsbehörden sowie die Androhung,
Festsetzung und Ausführung von Zwangsmitteln findet, abgesehen von gewissen
Ansnahmen auf dem Gebiete des Zoll= und Stenerwesens, Beschwerde an den
Gouverneur, und gegen dessen Maßnahmen oder Entscheidungen Beschwerde bzw.
weitere Beschwerde an den Reichskanzler (Reichs-Kolonialamt) statt. Richtet sich
die Beschwerde bzw. weitere Beschwerde gegen Polizeiverfügungen, die als solche zu
bezeichnen sind, oder Zwangsmaßregeln, so ist sie an eine bestimmte Frist gebunden,
die für die einzelnen Schutzgebiete verschieden (z. B. auf 2, 4 oder 6 Wochen) be-
messen ist.
Bei Ubertretung strafrechtlicher Vorschriften dürfen die Behörden der allge-
meinen Verwaltung durch Strafverfügungen, die Zoll= und Stenerbehörden durch
Strafbescheide selbst Strasen bis zu einer gewissen Höhe festsetzen. Gegen diese
Strafverfügungen und Strafbescheide kann auf gerichtliche Entscheidung ange-
tragen werden. Gegen Strafbescheide ist nach Wahl des Beschuldigten auch Be-
schwerde im Verwaltungswege zulässig.
Auf Eingeborene findet die Kaiserliche Verordnung im allgemeinen keine An-
wendung. Diese werden bei Ungehorsam gegen obrigkeitliche Anordnungen mit
den in der Eingeborenenrechtspflege zulässigen Strafen belegt.
Das weitverzweigte materielle Verwaltungs= und Polizeirecht des näheren
darzustellen, würde über den Zweck des Werkes hinausgehen. Hier mögen nur
einige besonders bemerkenswerte Einzelheiten hervorgehoben werden.
Grundsätzlich besteht in den Schutzgebieten Niederlassungsfreiheit und Frei-
zügigkeit. Doch sind Vorschriften ergangen, wonach mittellose Einwanderer oder
solche, welche die öffentliche Sicherheit gefährden, zurückgewiesen werden können.
Ferner ist die Auswanderung von Eingeborenen zumeist an eine Genehmigung
des Gouverneurs geknüpft und die Anwerbung von farbigen Arbeitern zur Aus-
fuhr ebenfalls von einer solchen Genehmigung abhängig gemacht oder ganz ver-
boten. Verboten ist in der Regel auch die Ausfuhr von Farbigen zu Schaustellungs-
zwecken sowie ihre Anwerbung zum Militärdienst einer ausländischen Macht.
Gewisse unruhige Gebiete im Innern der afrikanischen Kolonien, die für die
Kolonisation noch nicht in Betracht kommen, sind, um unnötige Aufwendungen
für militärische Zwecke zu vermeiden, als gesperrt erklärt, so daß sie von Weißen
und stammesfremden Farbigen nicht ohne besondere Erlanbnis betreten werden
dürfen. Die Ausweisungsbefugnis der Gonverneure ist, abgesehen davon, daß sie
der Natur der Sache nach nur aus wichtigen, ein polizeiliches Einschreiten er-
fordernden Gründen ansgeübt werden darf, an irgendwelche Beschränkungen nicht
gebunden. Es können daher auch Reichs angehörige, die sich in den Schutzgebieten
niedergelassen haben und durch ihr Verhalten, insbesondere gegenüber der far-
bigen Bevölkerung, die öffentliche Ordunng und Sicherheit gefährden, zwangsweise
ans den Schutzgebieten entfernt werden, und ebenso können z. B. Farbige, die Un-
ruhen anzetteln, in ein anderes Schutzgebiet überführt werden.
Das Preßwesen ist für die afrikanischen und Südseeschutzgebiete durch eine Ver-
ordnung des Reichskanzlers vom 15. Jannar 1912 im Anschluß an das Reichs-
preßgesetz geregelt. Grundsätzlich herrscht danach Preßfreiheit. Ebenso gilt mangels
entgegenstehender Vorschriften Vereins= und Versammlungsfreiheit, ohne daß in-
des die Behörden behindert wären, im Einzelfalle aus allgemeinen polizeilichen
Gründen durch Verbote usw. einzuschreiten.