Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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Dampfer unmittelbar längsseit des Eisenbahnpiers gehen könnten. Dazu kommt, daß 
nach der allgemein verbreiteten Annahme die Möglichkeit eines deutsch-portugiesisch- 
englischen Abkommens besteht, durch das Deutschland, ohne der portugiesischen Sou- 
veränität zu nahe zu treten, eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit in Süd- 
angola erhielte. Verwirklicht sich etwas Ahuliches, so könnte auch die Idee einer Süd- 
angola—Südwestafrikabahn, die gleichzeitig das dentsche Kaokofeld erschließt und, 
durch die Kalahari hindurch verlängert, Johannesburg um reichlich drei Tage näher 
an Europa heranrückte, eines Tages Wirklichkeit werden. Allerdings gehörte dazu 
nicht nur deutsches, englisches und portugiesisches, sondern auch das südafrikanische 
Einverständnis, und das wird nicht einfach zu haben sein. Kapstadt als Eingangspforte 
nach Südafrika ist schon jetzt zur Hälfte depossediert, da Delagoabai, Durban und die 
kleineren Häfen an der Südküste sämtlich näher und vorteilhafter zu Kimberley und 
Johannesburg liegen. Früher, als die einzige Linie ins Innere Südafrikas von 
Kapstadt ausging, war ihm das Durchgangsmonopol für den Verkehr sicher; jetzt muß 
es schwer mit verschiedenen besser gestellten Konkurrenten ringen, und wenn in Zukunft 
gar die Besorgnis sich nähert, daß der von Europa auf dem atlantischen Wege kommende 
Verkehr an Post und Passagieren schon in Südangola abgefangen und durch deutsches 
Gebiet nach dem „Rand“ geleitet wird, so werden sich die Kapstädter Kreise dem aufs 
äußerste widersetzen. Vielleicht aber würde in diesem — einstweilen wohl noch ziemlich 
weitabliegenden — Falle die Südafrikanische Union unter der tatsächlichen Führung 
des burisch-holländischen Afrikandertums das Allgemeininteresse Südafrikas über das 
besondere Kapstadts zu stellen geneigt sein. 
Viel weniger als in Südwest, kann in Ostafrika heute schon von einer nahe 
bevorstehenden Verwirklichung des Eisenbahnnetzes erster Ord- 
nung die Rede sein. Auch nach Vollendung der Zentralbahn bis an den Tanganjika 
und nach Ausbau der Usambarabahn bis zum Meruberg fehlen zur Erreichung jenes 
Zieles: erstens der Anschluß Uhehes und des RNjassagebietes im Süden, 
zweitens die Verbindung mit Ruanda im Nordwesten, drittens die mit dem 
Victoriasee und dem besiedlungsfähigen Hochland zu beiden 
Seiten des westafrikanischen Grabeus im Norden. 
Was den Njassa angeht, so bestehen drei Möglichkeiten: die direkte Bahn von 
der Küste, etwa Kilwa Kissiwani, zum Sec; der Anschluß an die Zentralbahn durch 
Verlängerung der ohnehin notwendigen Abzweigung nach Uhehe; endlich die kom- 
binierte Fluß= und Bahnverbindung durch Benntzung der schiffbaren Strecken des 
Rufidschi und Umgehung der nicht schiffbaren durch einen Schienenweg, wozu noch 
ein weiteres Stück Bahn von der Schiffbarkeitsgrenze am Oberlauf bis zum Nijassa 
gebant werden müßte. Vermutlich wird das dritte Projekt bald ebenso ausscheiden 
wie das ähnliche, auf die Verbindung des Njong mit der Mittellandbahn aufgebaute 
in Kamerun. Auf diese Weise können Hilfslinien, Zubringer des großen Verkehrs, 
konstruiert werden, aber keine Hanpt= und Stammstrecken. Das Nijassagebiet ist im 
ganzen doch so zukunftsreich, daß es eine leistungsfähige Verbindung mit der Küste 
braucht. Als solche käme an sich eine Bahn von Kilwa nach Wiedhafen oder einem 
anderen Punkte am See wohl in Betracht, aber gegen den Plan spricht wieder der 
Umstand, daß etwa drei Viertel der Strecke, von Kilwa bis an den Juß des Ausstieges 
zum Seehochland, durch Gebiete führen, die überwiegend arm und unfruchtbar, auf 
weiten Strecken sogar vollkommen steril sind. Die Verhältnisse liegen hierin also ähnlich 
wie bei der Ugandabahn, aber insofern noch ungünstiger, als die wertlose Region im 
Verhältuis noch ausgedehnter ist, und überdies kann das Njassaland, von dem nur ein 
kleiner Teil deutsch ist, trotz der Fruchtbarkeit und guten Bevölkerung, die namentlich 
im Norden, in Unter= und Ober-Konde, vorhanden sind, als Ganzes doch nicht den 
Vergleich mit dem Becken des Viectoriasees aushalten. Vorlänfig scheint es also das 
Wahrscheinlichste zu sein, daß man etwa von Kilossa an der Zentralbahn erst nach Uhehe 
und dann von Uhehe nach dem Nordende des Njassa gehen wird. : 
  
 
	        
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