558 wW ————————————“————3
gleichbar, doch zeigt besonders die Regierung Venedigs mehr staatsmännische Größe.
Der Niedergang dieses Handelsstaates ist darum mehr äußeren Ursachen, dem Wachstum
des Türkenreiches und der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien zuzuschreiben.
Den Städtebund der Hanse haben sowohl äußere Ursachen, die Entdeckung der neuen
Welt, des indischen Seeweges und das Erstarken der Nord= und Ostseemächte wie innere
Reibungen vernichtet. Letzten Endes aber mußte diese Gründung an der Schwäche
des Reiches scheitern. Das Schicksal der Hause liefert den besten Beweis, daß eine starke
See- und Kolonialmacht nur auf Grundlage einer mächtigen Landmacht auf die Dauer
behauptet werden kann.
Außerdem haben sich im Mittelalter an den Küsten des Indischen Ozeaus koloniale
Gründungen vollzogen, deren Ursprung im westlichen Teil als Folge der islamitischen
Bewegung religiöser Natur gewesen ist. Auch sie tragen handelspolitischen Charakter,
doch bildete sich, wie an den Küsten Ostafrikas, auch Plantagenwirtschaft heraus.
Das Zeitalter der Entdeckungen bis zum Auftreten Deutschlands.
Die Entdeckungen.
Das Zeitalter der Entdeckungen wird durch die Berichte arabischer und enropäischer
Reisender vorbereitet, die, Hand in Hand mit der Entwicklung der geographischen Wissen-
schaft, immer klarere Vorstellungen der Erdoberfläche schufen. Weniger das Bedürfnis
der Regierenden nach Machterweiterung als Wissensdurst und Gewinnsucht haben
den Anstoß zu den großartigen Leistungen der Entdecker gegeben. Bezeichnend hierfür
ist es, daß die ersten systematischen überseeischen Kolonialunternehmungen von einem
Gelehrten, dem portugiesischen Prinzen Heinrich, unternommen und sämtliche Ent-
deckungsfahrten von dem Gedanken getragen wurden, den besten Seeweg nach dem
gewürz= und goldreichen Indien zu finden.
Unter Prinz Heinrich, 1394 bis 1460, der Seefahrer genannt, wurden die Azoren
und Madeira entdeckt und die Westküste Afrikas bis zum Kap Verde befahren. Die
Kanarien waren bereits im 14. Jahrhundert von den Gennesen aufgefunden. Schon
1441 ließ sich der Prinz durch eine nachmals mehrfach bestätigte Bulle vom Papst
Martin V. den Besitz aller zwischen Nordwestafrika und Indien zu entdeckenden Länder
zusprechen. Nach seinem Tode ruhten die Fahrten nur kurze Zeit. Um 1470 wurde
die Küste Guineas erkundet, 1484 gelangte Diogo Caos bis zur Walfischbai, errichtete
auf Cap Croß das bekannte Steinkreuz und schließlich erreichte Bartolomen Diaz 1486
die Südspitze Afrikas beim Kap der Stürmc, das der erfreute König Johann II. von
Portugal „Kap der Guten Hoffnung“ benannte. Che es jedoch den Portugiesen gelang,
Indien auf diesem Wege zu erreichen, erschienen die Spanier auf dem Plan und ent-
deckten bei dem Versuch, eine westliche Durchfahrt aufzufinden, eine neue Welt.
Auf sein hartnäckiges Drängen wurden dem Genuesen Christoph Kolumbus von
König Ferdinand und Königin Isabella von Spanien drei Schiffe zur Entdeckung des
westlichen Seeweges nach Indien zur Verfügung gestellt. Am 3. August 1492 verließ
er damit den Hafen von Palos, landete am 12. Oktober auf Gnauahani, einer der
Bahamainseln, entdeckte Kuba und Haiti und verbreitete nach seiner Rückkehr März 1493
die Meinung, Indien entdeckt zu haben. In diesem Glanben ließen sich Ferdinand
und Isabella vom Papst Alexander VI., einem geborenen Spanier, das Besitzrecht
der von Kolumbus entdeckten Länder bestätigen. Auf Portugals Einspruch wurde schließ-
lich in Tordesillas am 7. Juni 1594 die Welt dergestalt zwischen Spanien und Portugal
geteilt, daß alle Gebiete westlich einer Scheidelinie 370 Leguas jenseits der Kapverdischen
Inseln Spanien und alle östlich gelegenen Portugal gehören sollten. Wie sich bald
zeigte, wurde Indien hierdurch Portugal zugesprochen.
In verhältuismäßig rascher Folge wurden große Gebiete Amerikas erforscht und
in Besitzgenommen. Kolumbnus selbst fand die Karibischen Inseln, Puertoriko, Jamaika,
Trinidad und endlich, auf seiner vierten Reise 1502 bis 1504, die Küsten von MYukatan,