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Den siegreichen Frieden von Versailles, der ihre Unabhängigkeit endgültig anerkannte,
haben die Vereinigten Staaten weniger ihren Waffen als der Erkenntnis Englands
zu danken, daß eine mündiggewordene Siedlungskolonie nicht mehr mit Vorteil ge-
waltsam dem Mutterlande erhalten werden kann. Diese Erkenntnis hängt eng zu-
sammen mit dem Schwinden der merkantilistischen Anschanungen unter dem Einfluß
der Physiokraten und der Adam Smithschen Freihandelslehre. Bestärkt wurde diese
Richtung noch in der Erfahrung, daß der Handelsverkehr mit dem freien Amerika in
viel lebhafterer Weise wuchs als vorher mit der gefesselten Kolonie. Wer dies dem Segen
des freien Handelsverkehrs zuschrieb, übersah zweierlei. England blieb der industriell
fortgeschrittenste Staat, von dem die Amerikaner am besten Fertigfabrikate beziehen
und dem sie ihre Rohprodukte am vorteilhaftesten verkaufen konnten, und dann bildete
die Stammes-Lebensart= und Sprachverwandtschaft ein dauerndes Band zwischen beiden
Staaten. Ein Band, das trotz politischer Mißhelligkeiten bis zum heutigen Tage fest-
geblieben und die vereinheitlichende Kraft des Angelsachsentums glänzend dargetan hat.
Für die gesamte englische Kolonialpolitik bedeutet der amerikanische Unabhängig-
keitskrieg eine Wandlung. An die Stelle harter Herrschgewalt tritt Eingeborenen gegen-
über eine allmählich bis zur Virtuosität ausgebildete Methode politischen Gängelns,
die nur für den Notfall Machtmittel im Hintergrunde sehen läßt. Der Entwicklung seiner
Siedelungskolonien zu völliger innerer und änßerer Selbstverwaltung im Rahmen
des Empire suchte sich England seither nach Möglichkeit anzupassen, indem es, selbst
bei innerer Gegnerschaft, äußere Schwierigkeiten vermied.
Aufstieg zur Weltmacht im Zeitalter Napoleons.
Der Verlust der Vereinigten Staaten von Nordamerika hat eine Zeitlang so nieder-
schmetternd auf Euglands Volk und Regierung gewirkt, daß die kolonialen Angelegen-
heiten ganz an Interesse verloren, einige eroberte Gebiete ohne zwingenden Grund
an Spanien und Frankreich zurückerstattet und das Kolonialamt vorläufig aufgehoben
wurde. Das Drängen der Antisklavereibewegung und die zunehmenden Gegensätze
zur französischen Republik wie deren späteren korsischen Beherrscher riefen aber England
bald von neuem auf den Plan und entfachten den endgültigen zwanzigjährigen Ent-
scheidungskampf zwischen Frankreich und Großbritannien, der dieses zur Herrin der
Weltmeere machen sollte.
Die Feindseligkeiten wurden 1792 in Westindien eröffnet, und hier spielten sich,
zunächst mit wechselndem Erfolge, aber ungleich größeren Opfern für die Franzosen,
die heftigsten Kämpfe ab. Seit 1794, als Holland sich zwangsweise mit Frankreich
verband, richteten die Engländer ihre Angriffe auch gegen dessen Kolonien, wie zwischen
1797 und 1808 ans dem gleichen Grunde gegen die spanischen. 1795 eroberte England
das Kapland, die Seeschlacht von Abukir (1. August 1798), entschied über den Ausgang
der ägyptischen Expedition Napoleons, und dessen indischen Hoffnungen wurde durch
die Erstürmung von Tippo Saibs (des Sohnes Hyder Alis) Hauptstadt Seringapatam
am 4. Mai 1799, bei der Tippo selbst fiel, praktisch ein Ziel gesetzt. Die Erfolge Napoleons
im europäischen Landkriege retteten ihm und seinen Verbündeten im Frieden von
Amiens 1802, der England von allen Eroberungen nur Ceylon und Trinidad ließ, noch
einmal ihren Kolonialbesitz. "
Schon im folgenden Jahre kam es von neuem zum Bruche. Napoleon, der die
Notwendigkeit überseeischer Konzentration fühlen mochte, verzichtete alsbald auf seine
amerikanischen Kolonialpläne und trat das riesige, westlich des Mississippi gelegene
Gebiet Louisiana, das er er erst 1800 von Spanien erworben hatte, für 80 Millionen
Franken an die Vereinigten Staaten ab. Damit war zugleich ein englisch-amerikanisches
Bündnis verhindert. Während er eine riesige Truppeumacht vor Boulogne zusammen-
zog, um damit in England zu landen, nahmen ihm die Engländer die westindischen
Besitzungen weg. Teils um diese wieder zu erobern, hauptsächlich aber, um Englands
Seemacht in Westindien festzuhalten, rüstete Napoleon eine spanisch-französische Flotte