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Großen Generalstab, der seinerzeit in den „Vierteljahrsheften für Truppenführung
und Heereskunde“ diese Frage behandelte, hat den Namen „Auslandstruppe“ gewählt,
ein guter Gedanke. Denn dann wäre schon mit dem Namen zu erkennen gegeben, daß
eine solche Truppe nicht lediglich für koloniale Zwecke vorhanden wäre, sondern sowohl
für unsere sonstigen überseeischen Aufgaben wie auch in einem europäischen Kriege
als Zuwachs für die heimatliche Armee.
Mithin würde es sich lediglich darum handeln, einen Teil der Landarmee abzuzweigen
und diesen für den Kolonialdienst besonders auszubilden. Ob man ihn aus Kapitulanten
der Landarmee zusammensetzt oder mittels Aushebung ergänzt, würde eine neben-
sächliche Frage sein. Auf alle Fälle ober müßte den Angehörigen dieser Truppe eine
längere Dienstverpflichtung aufertegt werden, was sich bereits auch unter den gegen-
wärtigen gesetzlichen Bestimmungen rechtfertigen ließe, da sie nur eine berittene sein
kann. Besonders zu gewährende Vergünstigungen müßten dagegen den Eintritt ver-
lockend erscheinen lassen, da sie nur als Elitetruppe ihren Zweck erreichen kann.
Das Hauptverwendungsfeld dieser Auslandstruppe würden auf koloniale m Gebiet
aus klimatischen Rücksichten Südwestafrika und Kiautschon bilden, und zwar sowohl
gegen innere wie gegen äußere Feinde. Dies schließt jedoch eine vorübergehende Ver-
wendung in den Küstengebieten der tropischen Kolonien keineswegs aus:
Unter der Voraussetzung, daß auch die heimatliche Reserve der kolonialen Wehrkraft
lediglich zu kolonialen Zwecken bestimmt sei, habe ich früher einmal vorgeschlagen, sie
gleichfalls dem Reichskanzler zu unterstellen. Wenn sie dagegen als „Auslandstruppe“
ein Teil der heimatlichen Armee bleibt und nicht nur bei überseeischen Aufgaben, sondern
unter Umständen anch mit dem Heere zusammenzuwirken hat, dann muß sie naturgemäß
anch mit letzterem organisatorisch verbunden bleiben. In diesem Falle würde ihre Unter-
stellung unter das Kriegsministerium als das einzig Mögliche erscheinen. Das Oberkom-
mando der Schutztruppen würde dann mit dieser Behörde in bezug auf Requisition der Aus-
landstruppe und den Austausch von Angehörigen der beiderseitigen Truppenteile in
Verbindung treten müssen. Letzteres wird anch jetzt schon ähnlich gehandhabt; nur
holt sich das Kriegsministerinm zurzeit den Ersatz aus der ganzen Armee, während
er dann nur aus der mit bereits vorgebildetem Material versehenen Auslandstruppe
entnommen werden würde. Ebenso hätten auch zeitweise aus der Schutztruppe aus-
scheidende Offiziere und Mannschaften zum Teil zur Auslandstruppe überzutreten,
um dort ihre Erfahrungen zu verwerten.
Im übrigen wird in den Kolonien in absehbarer Zeit die Besiedlung hoffentlich
einen derartigen Umfang annehmen, daß die Reserve für die Schutztruppe sich mit der
Zeit im Lande selbst vorfindet, wie dies ja in dem großen südwestafrikanischen Aufstand
schon zum Teil der Fall war.
Haben wir doch bei Beginn des Hereroaufstandes mittels Einziehung der Mann-
schaften des Beurlaubtenstandes die Schutztruppe auf das Doppelte ihrer Friedensstärke
zu bringen vermocht. Jedoch auf eine Anslandstruppe wird das alte Vaterland mit
Rücksicht auf seine übrigen überseeischen Aufgaben trotzdem nicht verzichten können.
Ob neben der letzteren die bisherige Marineinfanterie weiterbestehen oder ob sie in die
neue Kolonialtruppe aufgehen solle, ist eine Frage, deren Erörterung ich zuständigerer
Seite vorbehalten möchte. Mit ihr hängt auch die Frage nach Stärke und Zusammen-
setzung der Anslandstruppe zusammen. Bei ihrer Beantwortung werden die jetzt in
Südwestafrika gemachten Erfahrungen berücksichtigt werden müssen....
Auch Frankreich besitzt, wie bereits erwähnt, seine Kolonialarmee. Sie hat nach
dem Gesetz vom 7. Juli 1000 eine Sollstärke von 36 Bataillonen, 12 fahrenden bzw.
reitenden, 6 Gebirgsbatterien und 12 Batterien Fußartillerie. Algier und Tunis gehören
nicht zu ihrem Verwendungsbereich. Hier steht das besonders starke 19. Armeekorps,
dem die Fremdenlegion angegliedert ist. Für Deutschland würden, entsprechend seinem
geringeren Kolonialbesitz, etwa zwei Drittel der französischen Kolonialarmee genügen.