Verwaltung der inneren Angelegenheiten. $ 21. 835
Recht und die sich ihm anschließende Gesetzgebung der meisten
norddeutschen Staaten den Polizeibehörden allgemeinere Er-
mächtigungen und geben ihnen auch die Befugnis der Straffestsetzung.
Die Gesetze bestimmen nur, welche Strafen in den Verordnungen
angedroht werden dürfen; es sind meist Geldstrafen bis zu einem
bestimmten Betrage. Die zum Erlaß der Verordnungen berechtigten
Subjekte sind die Polizeibehörden. Auch da, wo dieser Erlaß von
der Zustimmung einer kommunalen Vertretung abhängig ist, bleibt
die Polizeibehörde Inhaber des Verordnungsrechtes. Die. erwähnte
Zustimmung: ist nur eine Voraussetzung, die erfüllt sein muß, ehe
dasselbe in Anwendung gebracht werden darf. Die Polizeiverord-
nungen dürfen keine Bestimmungen enthalten, die mit den bestehen-
den Gesetzen oder den Polizeiverordnungen höherer Behörden in
Widerspruch sich befinden. Die Verordnungen der niederen Behörden
müssen den höheren zur Kenntnisnahme vorgelegt werden; diese be-
sitzen die Befugnis, sie außer Kraft zu setzen. Nach einigen Gesetz-
gebungen sind die Verordnungen der niederen Befiörden sogar erst
dann vollstreckbar, wenn die höhere Behörde entweder binnen be-
stimmter Zeit keinen Widerspruch erhoben oder sie ausdrücklich
bestätigt hat. A Jy
Die Polizeiverfügung!, sofern sie ein Gebot oder Verbot
enthält, ist eine konkrete Anordnung der Polizeibehörde, durch welche
eine bestimmte Handlung oder Unterlassung befohlen wird!®. Sie
stellt keine Rechtssätze fest, sondern begründet subjektive Pflichten,
also Rechtsverhältnisse. Die Polizeibehörden bedürfen zum Erlaß
derartiger Verfügungen keiner ausdrücklichen Ermächtigung durch
ein spezielles Gesetz, da das Recht, im Interesse der öffentlichen
Sicherheit und Wohlfahrt zu gebieten und zu verbieten, ein Ausfluß
der allgemeinen Rechisstellung ist, welche die Polizei im Staate ein-
nimmt. Aber die polizeilichen Verfügungen müssen sich innerhalb
_ 1 Rosin, Art. Polizeiverfügungen, V.R.W. 2, 269; [Verw.Arch. 8, 252;
Neukamp, Verw.Arch. 8, 1; Otto Mayer 1, 273: Polizeiverfügungen sind
Verwaltungsakte mit Polizeibefehl oder auch mit Gewährung und Versagung
einer Polizeierlaubnis; Thoma, Polizeibefehl 1, 63.] .
'8 Beispiele von Geboten sind: Das Gebot der Hilfeleistung in Fällen ge-
meiner Not, des Auseinandergehens einer Versammlung, der Räumung einer
Grube; von Verboten: Das Verbot des Aufenthaltes an einem Orte (Ausweisung);
der Verbreitung eines Preßerzeugnisses, .der Abhaltung einer Versammlung,
des Betriebs geräuschvoller Gewerbeanlagen. Zu den Polizeiverfügungen dieser
Art gehören auch diejenigen Polizeimaßregeln, die auf eine persönliche Frei-
heitshermubung, hinausgehen, wie z. B. Verhaftung und Unterbringung im
Arbeitshaus. Sie enthalten ein polizeiliches Gebot, den Befehl sich in das
Haftlokal oder das Arbeitshaus zu begeben. Eine Anwendung physischen
Zwanges tritt erst dann ein, wenn der von dem Befehl Getroffene ihm nicht
Folge leistet... .
18 Dies ergibt sich schon aus der geschichtlichen Entwicklung des Polizei-
rechtes. In früherer Zeit war für die Ausübung der polizeilichen Befugnisse
lediglich das Ermessen der Polizeibehörden maßgebend. Durch die Polizei-
gesctzgebung des gegenwärtigen Jahrhunderts sind die polizeilichen Befugnisse
auf vielen Gebieten eingeschränkt worden. Soweit aber eine solche Einschrän-
kung nicht stattgefunden hat, besteht die Polizeigewalt in ihrem früheren Um-
fange fort. Die allgemeine Befugnis der Polizei, aus Gründen der öffentlichen
Sicherheit und Wohlfahrt gebietend und verbietend einzuschreiten, kann ge-