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streitverfahrens eine Tätigkeit aus, welche sich ihrem materiellen In-
halte nach als eine Verwaltungstätigkeit charakterisiert #,
3. Der Ungehorsam gegen polizeiliche Maßregeln,
unter welchen Gesichtspunkt sowohl die Nichtbefolgung eines poli-
zeilichen Gebotes oder Verbotes, als die Vornahme einer konzessions-
pflichtigen Handlung ohne Erlangung der Konzession fällt, kann eine
zweifache Folge haben: Bestrafung des Zuwiderhandelnden und
Anwendung von Zwangsmitteln gegen denselben.
Die Bestrafung des Zuwiderhandelnden setzt voraus,
daß die Übertretung der betreffenden Anordnung gesetzlich, d. h.
entweder durch ein Gesetz i. e. S. oder durch eine auf gesetzlicher
Basis beruhende Polizeiverordnung mit Strafe bedroht ist. Solche
Strafandrohungen kommen namentlich bei den allgemeinen Verboten
und Geboten vor, welche in den Gesetzen oder den Verordnungen
selbst enthalten sind. Es kann jedoch auch der Ungehorsam gegen
die in Ausführung des Gesetzes zu erlassenden polizeilichen Ver-
fügungen schon durch das Gesetz mit Strafe bedroht sein. Die in den
Polizeigesetzen enthaltenen Strafbestimmungen haben den Charakter
gewöhnlicher strafrechtlicher Vorschriften. Sie werden in Anwendung
gebracht, weil und nachdem feststeht, daß die gesetzliche Vor-
schrift oder die in Ausführung derselben erlassene Verfügung tber-
treten ist. Die Verbängung der Strafen steht den ordentlichen Ge-
richten zu. Der Richter ist dabei befugt, die Rechtmäßigkeit, aber
nicht die Zweckmäßigkeit einer Verfügung zu prüfen. Die Polizei-
behörden besitzen höchstens das Recht einer provisorischen Straf-
festsetzung.
Die Zwangsmittel, welche gegenüber den Personen, die poli-
zeilichen Anordnungen zuwiderhandeln, in Anwendung gebracht
werden können, sind dreifacher Art®. 1. Die Polizeibehörden
können Handlungen, welche der dazu Verpflichtete nicht vornimmt,
durch einen Dritten ausführen lassen und den Kostenbetrag exekuti-
visch beitreiben. 2. Die Polizeibehörden sind befugt, jemandem eine
Handlung oder Unterlassung bei Androhung einer Strafe anzube-
fehlen®. Die Strafart und der Höchstbetrag der Strafen sind ge-
setzlich fixiert. Diese Strafen haben nicht den Charakter von Strafen
im eigentlichen Sinne, sondern den von Zwangsmitteln. Sie werden
nicht erkannt, weil und nachdem eine Übertretung stattgefunden
hat, sondern zu einer Zeit, wo es noch zweifelhaft ist, ob eine
#2 Dieses Verfahren ist namentlich in Preußen üblich (2.G. 88 119, 120.
V. vom 81. Dezember 1883 $S 4, 5).
** Preuß. G. über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 8 20. V. über
die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landesteilen vom 20. September
1867 $ 18. L.V.G. $5 132—134. Bayr. Pol. St.G.B. Art. 16, 20, 21. Sächs. G.
über Kompetenzverhältnisse zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden vom
28. Januar 1835 $ 2; St.O. für mittlere und kleinere Städte Art. IV, $ 14; L.G.O.
$ 76. Württ. Verw.Ed. vom 1. März 1822 $$ 15, 16, 98, G. v. 12. August 1879
Art. 2. Bad. Pol.Str.G.B. $$ 30, 31. Hess. G. betr. die innere Verwaltung und
die Vertretung der Kreise und Provinzen, vom 12. Juni 1884 Art. 80; St.O.
Art. 56.
3 Dem französischen Recht ist dieses Strafandrohungsrecht unbekannt,
infolge dessen besteht es auch nicht in Elsaß-Lothringen.