Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

100 Zweites Buch. $ 25. 
zösischen, in Elsaß-Lothringen noch in Geltung befindlichen System, 
welches die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen der freien Privat- 
wohltätigkeit überläßt, ist durch das deutsche Verwaltungsrecht die 
Prästierung derartiger Unterstützungen als eine staatliche Pflicht an- 
erkannt. Die Erfüllung derselben liegt jedoch in erster Linie nicht 
dem Staate, sondern den Kommunalverbänden ob; der Staat tritt 
höchstens subsidiär ein, wo die Kräfte dieser nicht ausreichen. Ein 
subjektives Recht auf Armenunterstützung ist in Deutschland mit 
Ausnahme von Bayern nicht anerkannt. Neben der Armenunter- 
stützung besteht eine Unterstützungspflicht, bei der die Hilfsbedürftig- 
keit zwar die Voraussetzung, aber nicht der Rechtsgrund der Unter- 
stützung ist; dahin gehören die Unterstützungen, welche die Ange- 
hörigen der zum Dienst eingezogenen Mannschaften des Beurlaubten- 
standes und des Landsturms erhalten. Auf diese Unterstützungen 
haben die betreffenden Personen einen Rechtsanspruch. Endlich gibt. 
es Unterstützungen, deren Bezug von der Hilfsbedürftigkeit gänzlich 
unabhängig ist und welche der zu Unterstützende kraft besonderer 
Rechtstitel in Anspruch zu nehmen hat. Dies sind namentlich die 
Unterstützungen, welche auf Grund der Arbeiterversicherung gewährt 
werden müssen, 
Da wo ein subjektives Recht des Einzelnen auf Unterstützung 
nicht besteht, ist eine Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mög- 
lich. Auf dem Gebiete der Armenunterstützung ist sie daher aus- 
geschlossen. Selbst in Bayern, wo ein derartiges Recht anerkannt ist, 
kann die Geltendmachung nur im Verwaltungswege stattfinden. Die 
Verwaltungsstreitigkeiten auf denı Gebiete der Armenpflege sind daher 
nur Streitigkeiten der Gemeinden und Armenverbände darüber, wer 
von ihnen zur Unterstützung eines Hilfsbedürftigen verpflichtet ist. 
Hier besteht ein verwaltungsgerichtliches Verfahren sogar in solchen 
Ländern, weiche eine allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht be- 
sitzen und es sind zu diesem Zwecke besondere Behörden geschaffen 
worden. Auch das Reich hat für Fragen dieser Art ein eigenes 
Verwaltungsgericht, das Bundesamt für Heimatswesen, errichtet, dem 
reichsgesetzlich die höchstinstanzliche Entscheidung von Streitigkeiten 
zwischen Armenverbänden verschiedener Bundesstaaten zusteht, dessen 
Wirkungskreis aber durch landesgesetzliche Bestimmungen auch auf 
Streitigkeiten unter Armenverbänden desselben Bundesstaates erweitert 
ist. Bei Verfolgung der Ansprüche der Familien zum Dienst ein- 
gezogener Mannschaften würde ein verwaltungsgerichtliches Verfahren 
möglich sein, es ist aber reichsgesetzlich ausgeschlossen 1. Dagegen 
können die Ansprüche aus der Arbeiterversicherung sämtlich im Wege 
eines gerichtlichen Verfahrens verfolgt werden, teils im ordentlichen 
Rechtswege, teils im Wege desgewöhnlichenVerwaltungsstreitverfahrens, 
teils vor besonderen für diese Zwecke geschaffenen verwaltungs- 
gerichtlichen Organen. 
ı R.G., betr. die "Unterstützung von Familien in den Dienst eingetretener 
Mannschaften, vom 28. Februar 1888 $ 6. In Baden war früher verwaltungs- 
gerichtliches Verfahren zugelassen (Verw.Ger.@. $ 2, Nr. 22).
	        
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