Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

I. Physische Personen. $ 3. 105 
Von den Tatsachen, die auf den Personenstand einer Person von 
Einfluß sind, heben sich Geburten, Todesfälle und Verhei- 
ratungen als eine besondere Gruppe heraus. Sie erscheinen als 
seine normalen Bestimmungsgründe, während Legitimationen, [An- 
nahmen an Kindesstatt, deren Auf hebungen, Ehelichkeitserklärungen] 
und Ehescheidungen nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Unter 
den normalen Bestimmungsgründen des Personenstandes sind Ge- 
burten und Sterbefälle Naturereignisse, denen gegenüber die 
Verwaltung sich auf Beurkundung zu beschränken hat. Heiraten 
dagegen haben den Charakter von Rechtsakten; bei ihnen ist eine 
aktive Mitwirkung der Verwaltung, wenn auch nicht notwendig, so 
doch jedenfalls möglich und zulässig. 
Im Deutschen Reiche! kann nach dem R.G. vom 6. Februar 
18752 eine Ehe rechtsgültig nur vor einem Standesbeamten? 
geschlossen werden +; zuständig ist der Standesbeamte, in dessen Be- 
zirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen 
Aufenthalt hat, kraft schriftlicher Ermächtigung durch diesen auch 
ein anderer Standesbeamter®. Doch ist auch eine vor einem unzu- 
ständigen Standesbeamten [öffentlich] abgeschlossene Ehe rechtsgültig”. 
)er Standesbeamte, der unbefugt eine solche Eheschließung vor- 
nimmt, setzt sich den im Gesetz angedrohten Strafen aus. 
Kommen Ehehindernisse zur Kenntnis des Standesbeamten, so 
hat er die Eheschließung abzulehnen®.] Um zu konstatieren, ob 
  
1 Nach dem Vorgange von Baden (G. vom 21. Dezember 1869) und Preußen 
(G. vom 9. März 1874) hat das Deutsche Reich an Stelle der kirchlichen Ehe- 
schließung die obligatorische Zivilehe ein eführt und die Beurkundung des 
Personenstandes in die Hände von bürgerlichen Beamten gelegt. An Stelle 
der Kirchenbücher sind die Zivilstanderegister getreten, 
2 R.G. über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung 
vom 6. Febr. 1875 (P.St.G.); [abgeändert durch E.G. z. B.G.B. Art. 46; E.G. z. 
Z.P.O. $ 13%; R.G. über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
vom 17. Mai 1898 $ 186; neue Fassung durch R.G. vom 14. April 1905;j 
Kommentare: Hinschius 8. Aufl. 1890; v. Sicherer 1879; [Kommentare zu 
der vom 1. Jan. 1900 an geltenden Fassung: Sartorius (unter Berücksichtigung 
der Ausführungsbestimmungen der Bundesstaaten) 1902; Stölzel 1904; Reger- 
Dames 4. Aufl. 1908; Hinschius-Boschant, 4. Aufl. 1909 (mit Abdruck der 
grundlegenden Ausführungsbestimmungen des Reichs und der Bundesstaaten); ] 
v.Sicherer, Art. Standesregister V.R.W. 2, 529; Ergb. 8, 262; [Schmid, Art. 
Standesregister H.W.B.? 6, 981, Gierke 1, 361] 
® Über die Organisation der Standesämter in Deutschland vgl. $$ 2-11, 
71, 72 des P.St.G.: Geistliche und andere Religionsdiener dürfen nicht als 
Standesbeamte fungieren. ($ 4.) . 
* [P.St.G. $ 41 in der neuen Fassung. Vgl. dazu Sartorius ar S. 301. 
Für die Eheschließung gelten die Bestimmungen der $$ 1316 ff. B.G.B.] 
5 [B.G.B. $ 1320 Abe. 2.] 
e [B.G.B. $ 1321. Hat keiner der Verlobten seinen Wohnsitz oder gewöhn- 
lichen Aufenthalt im Inlande, und ist auch nur einer von ihnen ein Deutscher, 
80 wird der zuständige Standesbeamte von der obersten Aufsichtsbehörde des 
Bundesstaates oder, wenn der Deutsche keinem Bundesstaate angehört, vom 
Reichskanzler bestimmt. B.G.B. $ 1320.] 
? [B.G.B. $ 1319, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen 
Befugnis bei der Eheschließung kannten.] 
P.St.G. $ 48. Strafbest. in $ 69. 
 
	        
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