Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

III. Heimats- und Niederlassungsrecht. $ 34. 113 
[Die zuständige Behörde kann der Stiftung eine andere Zweck- 
bestimmung geben oder sie aufheben®, wenn die Erfüllung des 
Stiftungszweckes unmöglich geworden, oder wenn sie das Gemein- 
wohl gefährdet !°.] 
III. Heimats- und Niederlassungsrecht'. 
1. Einleitung. 
$ 34. 
Schon durch Art. 3 der Verfassung des norddeutschen Bundes 
wurde das in demselben bestehende Heimats- und Niederlassungs- 
recht insofern wesentlich modifiziert, als der Angehörige eines jeden 
Bundesstaates in bezug auf Niederlassung, Erwerb von Grundstücken 
und Gewerbebetrieb in jedem anderen Bundesstaate als Inländer be- 
handelt werden mußte. Die spätere Bundes- und Reichsgesetzgebung 
hat die wesentlichsten Fragen des ‚Heimats- und Niederlassungs- 
rechtes einheitlich für ganz Deutschland geregelt und zwar durch 
Ausdehnung der in der preußischen Gesetzgebung zum Ausdruck 
gelangten Grundsätze auf das übrige Reichsgebiet. Das Gesetz über 
die Freizügigkeit hat ein freies Niederlassungsrecht in Deutschland 
hergestellt und das Recht zum Erwerb von Grundeigentum von der 
Gemeindeangehörigkeit unabhängig gemacht. Das Gesetz über die 
Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Ehe- 
schließung hat die Grundsätze der Verehelichungsfreiheit zur 
Durchführung gebracht. Das Gesetz über den Unterstützungs- 
wohnsitz hat die Verpflichtung zur Armenpflege einheitlich ge- 
regelt. Auch die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich hat 
hier insofern eingegriffen, als durch sie die Befugnis zum Gewerbe- 
betrieb von dem Besitz der Gemeindeangehörigkeit und des Geimeinde- 
bürgerrechts losgelöst worden ist. Infolge dieser reichsgesetzlichen 
Vorschriften hat das Institut des Heimatsrechtes seinen wesent- 
lichen Inhalt verloren. Nur in Bayern, wo die Reichsgesetze über 
die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließung 
und den Unterstützungswohnsitz nicht eingeführt sind, besitzt das- 
selbe noch heutzutage eine größere Bedeutung. 
Verwaltung der Gemeinden, Stiftungen und Amtskörperschaften, vom 21. Mni 
1891) und Baden (G., die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stiftungen 
betr, vom 5. Mai 1870. [Über die einzelstaatliche Regelung vgl. Sartorius 
a. a. 0.8. 284--311.] 
8 [B.G.B. $ 87.] 
® [Gierke 1, 658: wenn der Zweck selbst hinfällig oder unerlaubt wird, 
oder wenn die Mittel für die Erfüllung des Zweckes weggefallen sind.] 
10 [Hölder a. a. O. S. 262: „Solche Gefährdung besteht aber, sobald der 
Fortbestand der Stiftung in ihrer bisherigen Gestalt dem Gemeinwohl mehr 
schädlich als nützlich ist.“] . 
ı Vgl. Rehm, Der Erwerb von Staats- und Gemeindeangehörigkeit in 
seiner geschichtlichen Entwicklung. Annalen 1892. S. 137. 
Meyor-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 8
	        
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