Contents: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

118 Zweites Buch. Erster Abschnitt. $ 36. 
3. Verehelichung‘. 
$ 36. 
Nach dem Gesetz vom 4. Mai 1868 bedürfen Reichsangehörige 
zur Eingehung einer Ehe oder der damit verbundenen Gründung 
eines eigenen Haushaltes weder des Besitzes irgendeiner Gemeinde- 
angehörigkeit noch der Genehmigung der Gemeinde oder des Armen- 
verbandes, noch einer obrigkeitlichen Erlaubnis?. Ebensowenig steht 
den Gemeinden, Armenverbänden oder staatlichen Verwaltungsbehörden 
ein Einspruchsrecht gegen eine beabsichtigte Verehelichung zu. Die 
für Beamte? und Militärpersonen* bestehenden Beschränkungen sind 
durch diese Bestimmungen nicht berührt worden. Dasselbe gilt von 
den landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Eheschließung bei 
Ausländern von einer obrigkeitlichen Genehmigung abhängig machen. 
Auf Bayern ist das Reichsgesetz vom 4. Mai 1868 nicht aus- 
gedehnt worden. [Ein in den Landesteilen rechts des Rheines heimat- 
berechtigter Mann bedarf zur] Verehelichung eines von der Distrikt- 
verwaltungsbehörde ausgestellten Zeugnisses®. Vor Ausstellung dieses 
Zeugnisses kann die Heimatsgemeinde des Mannes, bei Personen mit 
angewiesener Heimat das Fiskalat des Regierungsbezirks aus gesetz- 
lich bestimmten Gründen Widerspruch erheben, über den die Distrikts- 
verwaltungsbehörde zu entscheiden hat®. Die Ausstellung des Zeug- 
nisses hat den Charakter einer polizeilichen Erlaubniserteilung. Sie 
muß erfolgen, wenn die Personen, welche sich verehelichen wollen, 
die gesetzlich vorgeschriebenen Nachweise erbracht haben und ein 
Einspruch entweder nicht erhoben ist oder sich als unbegründet 
herausgestellt hat. Streitigkeiten über diesen Gegenstand werden im 
verwaltungsgerichtlichen Verfahren erledigt, [sie haben aber solange, 
als die Ausstellung des Zeugnisses nicht nachträglich erwirkt wird, 
für die Ehefrau und die Kinder in bezug auf die Heimat nicht die 
Wirkungen einer gültigen Ehe. Ehen, welche von einem rechts- 
rheinischen Bayern ohne Verehelichungszeugnis geschlossen werden, 
sind bürgerlich gültig®]. 
  
1 G. über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließung 
vom 4. Mai 1868 (B.G.Bl. S. 149). — Vgl. Rehm, Art. Eheschließung H.W.B.® 
8, 600. $ Stengel, Die bayrische Gesetzgebung über Heimat und Verehelichung. 
Verw. Arch. 1, 273. 
% G. vom 4. Mai 1868 8$ 1 u. 2. 
3 Meoner-Anschütz & 147. 
ıR. ilitärgesetz vom 2. Mai 1874 $$ 40, 60, Ziff. 4. 
%°Bayr. G. über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 
(H.G.) in der Fassung vom 30. Juli 1899 Art. 31. Männliche Angehörige der 
falz und nichtbayerische Deutsche bedürfen dieses Zeugnisses nicht, (Vgl. 
Reger, Kommentar zum H.G. 7. Aufl. 1908 Art. 31°) wohl aber Ausländer ah. 
männliche Angehörige eines nicht deutschen Staates. H.G. Art. 34. — Vgl. auch 
Jastrow, Arch, fol. R. 12, 1.] 
r ’ 
1 Bayr G. vom 8. August 1878, Art. 8, Ziff. 5. 
8 [H.G. Art. 31.] VgI. Rehm, Die jüngste Reform des bayerischen 
Heimatsrechtes. Arch. f. sE R. 8, 47.
	        
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