124 Zweites Buch. Erster Abschnitt. $ 38.
Haft oder infolge ausdrücklicher Einwilligung desselben oder kraft
einer ihnen nach den Landesgesetzen zustehenden Befugnis, voraus-
gesetzt, daß sie ohne seine Beihilfe ihre Ernährung finden”.
Der Erwerb des Unterstützungswohnsitzes erfolgt durch [ein-]
jährigen ununterbrochenen Aufenthalt in einem Orts-
armenverbande®, der Verlust durch [ein]jährige ununter-
brochene Abwesenheit von demselben°®. Die [ein]jährige Frist
beginnt mit dem Tage, wo der Aufenthalt bzw. die Abwesenheit ihren
Anfang nimmt!,. War die betreffende Person in dem Augenblicke,
wo sie ihre Selbständigkeit erlangte, bereits anwesend oder abwesend,
so beginnt die Frist mit demjenigen Tage, wo die Selbständigkeit
ihren Anfang nimmt, also entweder das [sechszehnte] Lebensjahr voll-
endet oder die Ehe aufgelöst wird oder die Trennung vom Ehemann
eintritt bzw. dessen Beihilfe aufhört’. Von diesen Grundsätzen
bestehen jedoch Ausnahmen. Es gibt Fälle, in welchen die Frist
trotz vorhandenen Aufenthaltes bzw. Abwesenheit nicht zu laufen
beginnt, nämlich: 1. wenn der Aufenthalt bzw. die Abwesenheit
durch den Eintritt in eine Kranken-, Bewahr- oder Heilanstalt ver-
anlaßt wird!?, 2. wenn der Aufenthalt bzw. die Abwesenheit durch
Umstände veranlaßt ist, welche die Annahme der freien Selbst-
bestimmung bei der Wahl des Aufenthaltes ausschließen #. Es gibt
ferner Fälle, wo an die Stelle des wirklichen Anfangstermines kraft
gesetzlicher Vorschrift ein anderer tritt. Wo nämlich für ländliches
und städtisches Gesinde, Arbeitsleute, Wirtschaftsbeamte, Pächter
oder andere Mietsleute der Wechsel des Wohnortes zu bestimmten
durch Gesetz oder ortsübliches Herkommen. festgesetzten Terminen
stattfindet, gilt der übliche Umzugstermin als Anfang des Aufent-
haltes oder Ser Abwesenheit, sofern nicht zwischen diesem Termine
und dem Tage, an welchem der Aufenthalt bzw. die Abwesenheit
wirklich beginnt, ein mehr als siebentägiger Zeitraum gelegen hat !*.
[Die einjährige Frist läuft vom Tage, an welchem der Aufent-
halt begonnen ist!®.] Die Frist ruht: 1. während der Dauer der
7 U.W.G. £ 17.
8 U.W.G. $ 10. [Die Frist betrug vor dem G. vom 30. Mai 1908 2 Jahre.]
® U.W.G. $ 22,
1° U.W.G. 88 11, 23.
11 Vgl. auch Seydel Annalen 1877 S. 574.
12 U.W.G. 88 11, 28. |
18 U,W.G. 88 12, 24. Über den Best der freien Selbstbestimmung vgl.
Seydel Annalen 1877 S. 676. Rocholl 82. Arnold 196. Krech, Arch. f.
öff. R. 8, 396. Münsterberg V.R.W. 1, 69; Wohlers-Krech $ 12*, Eger
$ 12 Anm. 335. Durch das Gesetz ($ 26) jet der selbstverständliche Grundsatz
ausgesprochen, daß die Anstellung oder Versetzung eines Geistlichen, Lehrers,
öffentlichen oder Privatbeamten, sowie einer nicht bloß zur Erfüllung der
Militärpflicht dienenden Militärperson, nicht als ein die freie Selbstbestimmun
bei der Wahl des Aufenthaltsortes ausschließender Umstand gilt. E Ber $ 12.
Anm. 33°, weil die Betreffenden freiwillig Beamte geworden sind. B.H. 21, 13.]
U.W.G. $$ 11, 28,
16 [Dieser Tag wird mitgerechnet. Vgl. E.G. zum B.G.B. Art. 32. Danach
elten für die Berechnungen der Fristen nicht die Bestimmungen des B.G.B.
& 187, 188 Abs. 2. — Wohlers-Krech $ 11 '!«, Krech $ il!, Eger $ 11
Anm. 1 Urteil vom 15. September 1906, eit. bei Wohlers-Krech $ 11
Anm. Ice.