Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

126 Zweites Buch. Erster Abschnitt. $ 38. 
stützungswohnsitz des Familienhauptes auch für diejenigen seiner 
Familienangehörigen maßgebend, für welche die Möglichkeit eines 
selbständigen Erwerbes oder Verlustes entweder überhaupt nicht be- 
steht, oder bei welchen ein solcher selbständiger Erwerb oder Verlust 
wenigstens tatsächlich nicht stattgefunden hat. Hat dagegen das 
familienrechtliche Verhältnis aufgehört zu existieren, so behalten die 
Familienangehörigen denjenigen Unterstützungswohnsitz, welchen das 
Familienhaupt im Augenblick der Auflösung, also des Todes, der 
Ehescheidung, der tatsächlichen Trennung der Ehe bzw. des Auf- 
hörens der ehemännlichen Beihilfe besaß *®. 
II. Inländer, welche keinen Unterstützungswohnsitz haben, sind 
sogenannte Landarme?’. Ihre endgültige Unterstützung liegt dem- 
jenigen Landarmenverbande ob, in dessen Bezirk sie sich beim Ein- 
tritt der Hilfsbedürftigkeit befinden. Werden sie im hilfsbedürftigen 
Zustande aus einer Straf-, Kranken-, Bewahr- oder Heilanstalt ent- 
lassen, so ist zur definitiven Unterstützung derjenige Landarmen- 
verband verpflichtet, aus welchem ihre Einlieferung in die Anstalt 
erfolgt ist. Familienangehörige, deren Unterstützungswohnsitz 
sich nach dem des Familienbauptes bestimmt, teilen auch die Land- 
armut des letzteren?®?. Dagegen gilt nicht etwa der Grundsatz, daß 
die gesamte Familie immer von demselben Armenverbande unter- 
stützt werden muß?®, es ist vielmehr für jedes einzelne Familienglied 
der Aufenthalt entscheidend. Die Landarmenverbände können die 
von ihnen zu unterstützenden Personen entweder im Landarmen- 
hause unterbringen oder gegen Entschädigung einem ÖOrtsarmenver- 
bande überweisen ®!. 
26 17.W.G. $$ 16, 17, 18—21. n 
2! Zu diesen gehören also namentlich auch solche Familienangehörige, 
deren Familienhaupt durch Aufgeben oder Entziehung der Reichsangehörigkeit 
den Unterstützungswohnsitz verloren hat. erlust des U.W. der Mutter durch 
Verehelichung mit einem Ausländer hat für die Kinder zur Folge, daß sie 
landarm a Anne des U.W.G. $ 5 werden. Vgl. Wohlers-Krech $ 15 *.] 
28 \ > - 
®® A.A.: Rochol1104ff. meint, das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz 
behandle Abstammung und Verehelichung lediglich als Erwerbstitel des 
Jnterstützungswohnsitzes, mit dem Worte „teilen“ in $$ 15 und 18 könne 
laher uur die erwerbende Teilnahme gemeint sein. Demnach behielten 
?amilienangehörige, wenn das Familienhaupt landarm würde, den früheren Unter- 
tützungswöhnsitz desselben. Dieser Ansicht steht aber sowohl der unzwei- 
leutige Wortlaut der beiden angeführten Paragra hen, als auch die Entstehungs- 
eschichte des Gesetzes entgegen. Yel über letztere Seydel $ 568ff. Mit 
echt haben sich daher alle andern Schriftsteller gegen die Ansicht erklärt. — 
Zur Familie im armenrechtlichen Sinne gehören alle diejenigen, welche an dem 
nterstützungswohnsitz des Familienhauptes teilnehmen, auch wenn es keinen 
Unterstützungswohnsitz hat (Landarmengemeinschaft). Vgl. Eger $9 Anm. 28, 
Wohlers-Krech $$ 92, 29% und die dort angeführten Entscheidungen des B.A.] 
Nach Maßgabe der armenrechtlichen Familiengemeinschaft gelten Unterstützungen, 
welche den Familienmitgliedern geleistet werden, als dem Familienhaupt 
geleistet und bewirken das Ruhen der Frist für Erwerb und Verlust des Unter- 
stützungswohnsitzes, 
» Vgl. Loening, Verw.R. S. 702°, Münsterberg, Art. Armengesetz- 
gebung R.W. 1, 75. 
es! Durch eine derartige Überweisung wird nicht etwa ein Mandatsverhältnis 
zivilrechtlicher Natur (Apelt, Über die Verbindlichkeit des Landarmenverbandes 
0. ro, Mm 
  
 
	        
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