130 Zweites Buch. Erster Abschnitt. $ 39.
— Hierzu kommt in einem speziellen Falle noch eine weitere Be-
stimmung. ÖOrtsarmenverbände, welche [Personen, die in einem
Dienst- oder Arbeitsverhältnisse stehen oder deren Angehörige und
Lehrlinge] während der ersten Wochen endgültig zu unterstützen
verpfiichtet sind, nach Ablauf dieser Zeit dagegen eine Ersatzforderung
gegen den endgültig verpflichteten Armenverband haben, müssen
diesem spätestens sieben Tage vor Ablauf des [dreizehn]-wöchentlichen
Zeitraums Nachricht von der Erkrankung geben. Die Unterlassung
dieser Anzeige bewirkt keine Vernichtung, sondern nur ein
Hinausschieben des Anspruchs auf Schadloshaltung: derselbe
beginnt infolge der Unterlassung erst, wenn sieben Tage seit Ein-
gang der Nachricht abgelaufen sind ®.
[Legt ein Armenverband dar, daß er alle diejenigen Erhebungen
vorgenommen hat, die nach Lage der Verhältnisse als geeignet zur
Ermittelung eines Unterstützungswohnsitzes anzusehen waren, so gilt
der Beweis, daß ein Unterstützungswohnsitz des Unterstützten nicht
zu ermitteln gewesen war, als erbracht. Wird der Unterstützungs-
wohnsitz nachträglich ermittelt, so kann von dem Armenverbande des
Unterstützungswohnsitzes Ersatz für die gewährte Unterstützung und
die durch nachträgliche Ermittelungen entstandenen Kosten bean-
sprucht werden !P}.
Der vorläufig unterstützungspflichtige Armenverband hat
2. den Anspruch auf Übernahme",
d. h. auf Aufnahme des Hilfsbedürftigen in die unmittelbare Ver-
pflegung des definitiv verpflichteten Armenverbandes!?. Dieser An-
spruch besteht jedoch nur, wenn der vorläufig verpflichtete Armen-
verband zur Ausweisung des Betreffenden befugt, also die Hilfs-
bedürftigkeit desselben eine dauernde ist. Er kann zu jeder Zeit
geltend gemacht werden "®,
Der definitiv verpflichtete Armenverband hat aber
in den Fällen, wo er zur Übernahme verpflichtet ist, zugleich ein
für das Heimatwescen in Gotha, dugegen ist jetzt 85, 125 die im Text vertretene
Ansicht für diskutabel erklärt. („Die abweichende Meinung Egers ist vom B.A.
reprobiert worden.“ Wohlers-Krech $ 342.)]
® U.W.G.$ 29.
‚o Duä $ 30 Abs. 2 eingeschoben durch G. vom 12. März 1894.]
"1 U.W.G. 85 28, 31, 33. . , .
2 A, A. Seydel S. 610°, der die Pflicht zur Übernahme nur als eine
Pflicht zur Übernahme der Kogten auffaßt. Dieser Auffassung ist entgegen zu
halten, daß der Anspruch auf Übernahme nach den Bestimmungen des Gesetzes
mit dem Recht auf Ausweisung korrespondiert (F.G. $5, U.W.G. ss 31, 55) und
daß der Ausdruck „Übernahme“ technisch gerade in solchen Fällen gebraucht
wird, in welchen es sich um Ausweisung einer Person handelt. Dem gegenüber
kann man sich auch nicht, wie Seydel tut, auf $ 47 der Regierungsvorlage
berufen; in diesem ist von „Übernahme der Fürsorge“ die Rede, während das
Gesetz von „Übernahme eines Deutschen“ redet.
13 In $34 des U.W.G. ist allerdings bestimmt, daß der Ortsarmenverband,
welcher Kostenersatzansprüche anmeldet und der Meinung ist, daß er zur Aus-
weisung des Betreffenden befugt sei, dies in der Benac richtigung bemerken
soll... Aber die Unterlassung der Bemerkung hat keinen Verlust des Anspruches
auf Übernahme zur Folge; die Versäumnis der Frist bewirkt nach ausdrücklicher
Vorschrift des Gesetzes nur den Verlust des Anspruches auf Kostenerstattung.
Üb ereinstimmend: Seydel S, 609°, Rochol1$.97.— A. A.: Eger $ 34 Anm, 197.