Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Sicherheitspolizei. $ 47. 149 
erbittet®, Landstreicher eine Person, welche, ohne Arbeit zu 
haben und ohne Absicht Arbeit zu suchen, im Lande umherzieht. 
Die Bestimmungen über Bettelei und Landstreicherei finden sich 
in dem Reichsstrafgesetzbuch‘. Dasselbe faßt folgende Klassen von 
Personen zusammen: ° 
1. Personen, welche als Landstreicher umherziehen. 
2. Personen, welche betteln, Kinder zum Betteln anleiten oder 
ausschicken, oder Personen, die ihrer Gewalt und Aufsicht untergeben 
sind oder zu ihrer Hausgenossenschaft gehören, vom Betteln abzu- 
halten, unterlassen. 
3. Personen, welche sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang der- 
gestalt hingeben, [daß sie in einen Zustand geraten, in welchem sie] 
zu ihrem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Er- 
nährung sie verpflichtet sind, durch Vermittlung der Behörde fremde 
Hilfe in Anspruch genommen werden muß. 
4. Personen, welche aus öffentlichen Armenmitteln Unterstützung 
empfangen und sich aus Arbeitsscheu weigern, die ihnen von der 
Behörde angewiesene, ihren [Fähigkeiten] angemessene Arbeit zu 
verrichten. 
5. Personen, welche nach Verlust ihres bisherigen Unterkommens 
binnen der ihnen von der zuständigen Behörde bestimmten Frist sich 
kein anderweites Unterkommen verschafft haben und auch nicht nach- 
weisen können, daß sie solches ungeachtet der von ihnen angewandten 
Bemühungen nicht vermocht haben. 
6. [Personen, die sich, obschon sie in der Lage sind, diejenigen, 
zu deren Ernährung sie verpflichtet sind, zu unterhalten, der Unter- 
haltungspflicht trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde derart 
entziehen, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in An- 
spruch genommen werden muß]°. 
Diese Personen unterliegen einer Haftstrafe bis zu sechs Wochen. 
Neben derselben kann darauf erkannt werden, daß die verurteilte 
Person nach verbüßter Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen 
sei. In den unter 2. erwähnten Fällen ist dies jedoch nur dann zu- 
lässig, wenn der Verurteilte wegen der Übertretung in den letzten 
drei Jahren mehrmals, also mindestens zweimal verurteilt ist oder 
wenn derselbe unter Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat. [In 
den unter 6. erwähnten Fällen kann statt der Haft auf Geldstrafe 
bis zu 150 Mark erkannt werden.] 
  
Ist, gänzlich in Wegfall. gekommen. Nur s. g. Kollekten für allgemeine, ins- 
besondere Kirchen-, Schul- und wohltätige Zwecke werden mit obrigkeitlicher 
Genehmigung noch zugelassen.) Vgl. Müller Art. Kollekten V.R.W. 1, 803. 
® Nicht jedes Bitten um Unterstützung fällt unter den Begriff des Bettelns. 
Bettelei liegt namentlich nicht vor, wenn jemand bei Verwandten, Freunden, 
nohltätigkeitsanstalten, auch bei Berufsgenossen gemäß einer unter denselben 
bestehenden Gewohnheit eine Unterstützung nachsucht. Vgl. R.Str. 20, 434. 
[dazu v. Hippel S 1701] 
[Nach v. Hippel S. 169 bedeutet Betteln die Bitte um Gewährung eines 
geldwerten Geschenkes. Die Bitte muß an eine fremde Person gerichtet sein 
und sich auf wirkliche oder angebliche Bedürftigkeit stützen.] 
* R,Str.G.B. $5 361 (Nr. 3—5, 7, 8, 10.] und 362. 
® [R.Str.G.B. 8 361 Nr. 10 beruht auf &. vom 12. März 1894. — Vgl. auch 
G. vom 25. Juni 1900. (R.G.Bl. S. 301)] 
 
	        
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