Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

150 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 48. 
Die Überweisung gibt der Landesbehörde® die Befugnis, den 
Verurteilten entweder bis zu zwei Jahren in ein Arbeitshaus unter- 
zubringen oder zu gemeinnützigen Arbeiten zu verwenden, wenn er 
Ausländer ist, auch die Befugnis, denselben aus dem Reichsgebiete 
zu verweisen’. Die Voraussetzung der Befugnis ist ein rechts- 
kräftiges gerichtliches Erkenntnis, welches auf Überweisung an die 
Polizeibehörde lautet. Ob die letztere von der Befugnis Gebrauch 
machen will, steht in ihrem Ermessen. Gegen die Verfügung der 
Polizeibehörde hat der davon Betroffene diejenigen Rechtsmittel, 
welche überhaupt bei polizeilichen Verfügungen zuständig sind®. 
3. Maßregeln gegen bestrafte Verbrecher‘. 
/ $ 48. 
Nach dem Reichsstrafgesetzbuch ? ist die Stellung unter Polizei- 
aufsicht eine polizeiliche Maßregel, welche aber nur auf Grund 
eines gerichtlichen Erkenntnisses verhängt werden darf. Die Be- 
fugnis, eine Person unter Polizeiaufsicht zu stellen, steht der höheren 
Landespolizeibehörde zu. Die Voraussetzungen dieser Befugnis sind: 
1. daß durch ein rechtskräftiges gerichtliches Erkenntnis auf die Zu- 
lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt ist, 2. daß die Gefängnis- 
verwaltung desjenigen Gefängnisses, in welchem der Verurteilte seine 
Strafe verbüßt hat, vorher gehört worden ist. Sind diese Voraus- 
setzungen vorhanden, so hat die Polizeibehörde das Recht, aber nicht 
die Pflicht, die Stellung unter Polizeiaufsicht anzusprechen. . Die 
Stellung unter Polizeiaufsicht darf auf höchstens fünf Jahre erfolgen. 
Die Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheits- 
strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. 
Die Wirkungen der Polizeiaufsicht sind folgende: 1. die 
Landespolizeibehörde ist befugt, dem entlassenen Sträfling den Auf- 
enthalt an einzelnen bestimmten Orten zu untersagen; 2. sie kann 
ihn, wenn er Ausländer ist, aus dem Reichsgebiete verweisen?; 
  
° [Zuständig ist die Landespolizeibehörde des Bundesstaates, in welchem 
die Verurteilung erfolgte, ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz 
oder Aufenthalt des Verurteilten. Bundesratsbeschl. vom 16. Juni 1872. — Um 
das Verfahren der einzelnen Landesbehörden in gewissen Punkten einheitlich 
zu gestalten, sind im Bundesratsbeschluß vom 26. Juni 1889 einige Grundsätze 
zur Befolgung empfohlen worden. Vgl. v. Hippel S. 183.] 
7 [Die Verweisun aus dem Reichsgebiet kann neben oder an Stelle 
der Unterbringun erflgen. . 
8 Vgl. $ 21 8. 21. Die Beschreitung des Verwaltungsstreitverfahrens kann 
jedoch nur auf Grund der Behauptung stattfinden, daß ein die Polizeibehörde 
ermächtigendes gerichtliches Erkenntnis nicht vorliege, da, wenn ein solches 
vorhanden ist, über die Vornahme der Maßregel lediglich das Ermessen derselben 
entscheidet. [Vgl. v. Hippel $ 184.) 
! Berner, Polizeianfsicht, Gerichtssaal, 38, 321; Fuhr, Die Polizeiaufsicht 
nach dem Reichsstrafgesetzbuch. 1887; Fuhr, Strafrechtspflege und Sozial- 
politik 1892. H. Seuffert, Art. Polizeiaufsicht V.R.W. 2, 249. 
2 R.Str.G.B. $$ 38 und 39. 
® [Die Ausweisung aus dem Reichsgebiete erfolgt nur für die Dauer der 
Stellung unter Polizeiaufsicht, also höchstens für fünf Jahre. Vgl. v. Liszt, 
Strafrecht $ 65, I.3b; Frank, Komment. $ 39 V. zu Nr. 2, abweichend von der
	        
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