Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Sicherheitspolizei. $ 55. 161 
strafen und Kosten, sowie Bescheinigungen über den Empfang der 
zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge®. b) Die Veröffentlichung 
der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke eines Straf- 
prozesses, bevor dieselben in öffentlicher Verhandlung kundgegeben 
sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat?. Der öffentlichen 
Kundgebung der Schriftstücke selbst steht die in öffentlicher Sitzung 
erfolgte Mitteilung der in denselben enthaltenen Tatsachen gleich. 
Die Beendigung des Verfahrens kann entweder durch rechtskräftiges 
‘ Urteil oder durch Einstellungsbeschluß erfolgen. Zuwiderhandlungen 
gegen diese Verbote haben Strafe zur Folge; im ersten Falle ist 
außerdem der Ertrag der Sammlung der Armenkasse des betreffenden 
Ortes für verfallen zu erklären !°. 
2. Durch Anordnung des Reichskanzlers können ver- 
boten werden Veröffentlichungen über Truppenbewegungen und 
Verteidigungsmittel in Zeiten des Krieges und der Kriegs- 
gefahr!!, Über das Vorhandensein der Voraussetzungen, ins- 
besondere darüber, ob eine Kriegsgefahr vorliegt, entscheidet der 
Reichskanzler nach seinem Ermessen. Die Anordnung hat den 
Charakter einer Verordnung; sie ist öffentlich bekannt zu machen. 
Über die Art der Publikation enthält das Gesetz keine näheren Vor- 
schriften ; der Reichskanzler kann sich für die Publikation des Reichs- 
gesetzblattes aber auch anderer öffentlicher Organe bedienen. Die 
Publikation durch das Reichsgesetzblatt hat zur Folge, daß Berufung 
auf Unkenntnis des Verbotes ausgeschlossen wird”. Zuwiderhand- 
lungen gegen das Verbot sind strafbar und begründen die Berechtigung 
der Polizei zur vorläufigen Beschlagnahme "3, 
$ 55. 
Das Reichsgesetz über die Presse kennt, dem von ihm an- 
genommenen Standpunkte des Repressivsystems entsprechend, keine 
administrativen Verbote von Preßerzeugnissen. Nur 
In einem einzigen Ausnahmefalle läßt es ein derartiges Verbot 
zu, nämlich gegenüber ausländischen periodischen Druck- 
schriften!. Aber auch dieses Verbot hat nicht den Charakter einer 
Präventiv-, sondern den einer administrativen Repressiv- 
maßrcegel?; es tritt an die Stelle der bei ausländischen Beitungen 
  
® Preß.G. $ 16. \ 
° Preß.G. $ 17. Vgl. R,Str. 9, 193; 14, 340. [Über den Begriff des Straf- 
Prozesses vgl. v.Schwarze-Appelius$17S.90.| Auf ehren- und disziplinar- 
gerichtliches Verfahren bezieht sich die Bestimmung nicht, [auch nicht auf 
administrative Untersuchungen (z. B. auch wegen Steuerübertretungen durch die 
Verwaltungsbehörde) vgl. v.Schwarze-Appelins $8.91; Stenglein $ 17*; 
nach R,Str. 28, 141 gehören auch polizeiliche Verfügungen zum Strafprozeß.] 
Vgl. R.Str. 8, 42; (2%, 278.) 
1° Preß.G. $3 16, 18. 
t Preß.G. $ 15. 
.® Berner. 249 will Berufung auf Unkenntnis überhaupt nicht zulassen, 
v. Liszt S. 167 dagegen erklärt sie unbedingt für_zulässig. 
18 Preß.G. $$ je 23. 
X Preß.G. 3 14. 
„0 v.Liszta.a.0.8. 108 meint, die Maßregel habe einen Prüventivcharakter, 
weil sich das Verbot nur auf dienach der Bekanntmachung erschienenen Nummern 
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 11
	        
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