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strafen und Kosten, sowie Bescheinigungen über den Empfang der
zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge®. b) Die Veröffentlichung
der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke eines Straf-
prozesses, bevor dieselben in öffentlicher Verhandlung kundgegeben
sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat?. Der öffentlichen
Kundgebung der Schriftstücke selbst steht die in öffentlicher Sitzung
erfolgte Mitteilung der in denselben enthaltenen Tatsachen gleich.
Die Beendigung des Verfahrens kann entweder durch rechtskräftiges
‘ Urteil oder durch Einstellungsbeschluß erfolgen. Zuwiderhandlungen
gegen diese Verbote haben Strafe zur Folge; im ersten Falle ist
außerdem der Ertrag der Sammlung der Armenkasse des betreffenden
Ortes für verfallen zu erklären !°.
2. Durch Anordnung des Reichskanzlers können ver-
boten werden Veröffentlichungen über Truppenbewegungen und
Verteidigungsmittel in Zeiten des Krieges und der Kriegs-
gefahr!!, Über das Vorhandensein der Voraussetzungen, ins-
besondere darüber, ob eine Kriegsgefahr vorliegt, entscheidet der
Reichskanzler nach seinem Ermessen. Die Anordnung hat den
Charakter einer Verordnung; sie ist öffentlich bekannt zu machen.
Über die Art der Publikation enthält das Gesetz keine näheren Vor-
schriften ; der Reichskanzler kann sich für die Publikation des Reichs-
gesetzblattes aber auch anderer öffentlicher Organe bedienen. Die
Publikation durch das Reichsgesetzblatt hat zur Folge, daß Berufung
auf Unkenntnis des Verbotes ausgeschlossen wird”. Zuwiderhand-
lungen gegen das Verbot sind strafbar und begründen die Berechtigung
der Polizei zur vorläufigen Beschlagnahme "3,
$ 55.
Das Reichsgesetz über die Presse kennt, dem von ihm an-
genommenen Standpunkte des Repressivsystems entsprechend, keine
administrativen Verbote von Preßerzeugnissen. Nur
In einem einzigen Ausnahmefalle läßt es ein derartiges Verbot
zu, nämlich gegenüber ausländischen periodischen Druck-
schriften!. Aber auch dieses Verbot hat nicht den Charakter einer
Präventiv-, sondern den einer administrativen Repressiv-
maßrcegel?; es tritt an die Stelle der bei ausländischen Beitungen
® Preß.G. $ 16. \
° Preß.G. $ 17. Vgl. R,Str. 9, 193; 14, 340. [Über den Begriff des Straf-
Prozesses vgl. v.Schwarze-Appelius$17S.90.| Auf ehren- und disziplinar-
gerichtliches Verfahren bezieht sich die Bestimmung nicht, [auch nicht auf
administrative Untersuchungen (z. B. auch wegen Steuerübertretungen durch die
Verwaltungsbehörde) vgl. v.Schwarze-Appelins $8.91; Stenglein $ 17*;
nach R,Str. 28, 141 gehören auch polizeiliche Verfügungen zum Strafprozeß.]
Vgl. R.Str. 8, 42; (2%, 278.)
1° Preß.G. $3 16, 18.
t Preß.G. $ 15.
.® Berner. 249 will Berufung auf Unkenntnis überhaupt nicht zulassen,
v. Liszt S. 167 dagegen erklärt sie unbedingt für_zulässig.
18 Preß.G. $$ je 23.
X Preß.G. 3 14.
„0 v.Liszta.a.0.8. 108 meint, die Maßregel habe einen Prüventivcharakter,
weil sich das Verbot nur auf dienach der Bekanntmachung erschienenen Nummern
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aufl. 11