Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

162 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 55. 
in der Regel unausführbaren gerichtlichen Bestrafung. Die Voraus- 
setzung desselben ist, daß gegen eine Nummer (Stück, Heft) der 
betreffenden Zeitschrift zweimal binnen Jahresfrist eine Verurteilung 
auf Grund der $$ 41 und 42 des Reichsstrafgesetzbuches stattgefunden 
hat, d. h. daß wegen Unausführbarkeit der Verfolgung oder Ver- 
urteilung einer bestimmten Person lediglich auf Unbrauchbarmachung 
der Exemplare, Platten und Formen erkannt ist. Die beiden Ver- 
urteilungen müssen in bezug auf zwei verschiedene Nummern der- 
selben Druckschrift und zwar nacheinander erfolgt sein; nicht not- 
wendig ist dagegen, daß das zweite Delikt, wegen dessen die 
Verurteilung stattgefunden hat, die strafrechtlichen Erfordernisse des 
Rückfalls an sich trage®, Für die Berechnung des Zeitraumes ist 
die Fällung des Erkenntnisses erster Instanz maßgebend*. Die Be- 
fugnis zum Erlaß des Verbotes steht dem Reichskanzler und 
zwar innerhalb zweier Monate nach Eintritt der Rechtskraft des 
letzten Erkenntnisses zu. Der Reichskanzler kann das Verbot er- 
lassen, braucht es aber nicht zu tun. Ob er von seiner Befugnis 
Gebrauch machen will, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, die er nach 
seinem Ermessen zu entscheiden hat. Zeitlich kann sich das 
Verbot auf die Dauer von zwei Jahren erstrecken; es kann aber 
auch auf kürzere Zeit erlassen werden. Ebenso steht dem Reichs- 
kanzler die Befugnis zu, ein erlassenes Verbot wieder aufzuheben. 
Inhaltlich hat das Verbot die fernere Verbreitung der Druck- 
schrift zum Gegenstande. Verboten ist die Verbreitung von solchen 
Nummern derselben, welche nach ‘dem Erlaß des Verbotes erschienen 
sind. Nicht verboten ist dagegen die Reproduktion ihres Inhaltes. 
Das Verbot muß öffentlich bekannt gemacht werden. Nähere 
Bestimmungen über die Art der Publikation sind in dem Gesetze 
nicht enthalten, in dieser Beziehung entscheidet das Ermessen des 
Reichskanzlers. Der Reichskanzler kann sich zum Zweck der Publi- 
kation des Reichsgesetzblattes bedienen. Im Falle der Publikation 
durch das Reichsgesetzblatt, aber auch nur in diesem Falle, ist jede 
Berufung auf Unkenntnis des Verbotes ausgeschlossen®. Zuwider- 
handlungen gegen das Verbot haben Strafe zur Folge und begründen 
das Recht der Polizeibehörde zur vorläufigen Beschlagnahme®. Wird 
an Stelle der verbotenen Druckschrift eine Druckschrift unter ver- 
ändertem Titel herausgegeben, welche sich sachlich als dieselbe dar- 
stellt, so kann nicht nur das reichskanzlerische Verbot auf diese 
erstreckt werden, es ist auch die Verbreitung derselben strafbar, 
erstrecke. Dieser Umstand ist aber für die Frage, ob Präventiv- oder Re- 
pressivmaßregel, nicht entscheidend. Es kommt dabei lediglich auf den Zweck 
an. Der Zweck des Verbotes ist aber nicht, künftige Rechtsverletzungen zu 
verhüten, sondern begangene zu bestrafen. Übereinstimmend: hilo 
a.2.0.8.46, N. 1. . 
® Dies behaupten Berner .a.a. 0.8.248 und v. Liszt a. a. 0.8. 117; das 
Gesetz selbst bietet aber für die Ansicht derselben keine Anhaltspunkte dar. 
Übereinstimmend: Thilo a.a. 0. S. 248, N. 5. 
* Thilo a.a.0.8.48°; v. Liszt a.a. 0. S. 107 ff. 
5 Auch in dieser Frage’ stehen sich die Ansichten von Bernera.a.O. 
S. 249 und v. Liszt a.a.0.$. 109 fl. so gegenüber, wie $ 5412, angegeben ist. 
® Preß-G. $$ 18, 28,
	        
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