Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

178 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 67. 
8 67. 
Die Befugnis zur Verkündigung des Kriegszustandes steht kraft 
reichsgesetzlicher Vorschrift dem Kaiser und zwar lediglich 
dem Kaiser zu!. Die Verkündigung geschieht durch kaiserliche Ver- 
ordnung. Sie kann für jeden Teil des Reichsgebietes, also auch für 
das ganze Reichsgebiet?, erfolgen. 
Die Voraussetzung der kaiserlichen Befugnis ist, daß in 
dem Reichsgebiet oder dem betreffenden Teile desselben die öffent- 
liche Sicherheit bedroht erscheint. Die Befugnis ist nicht beschränkt 
auf den Fall des Krieges®. Ebensowenig sind die Bestimmungen des 
preußischen Gesetzes, wonach die Erklärung des Kriegszustandes nur 
im Falle eines Krieges. in den vom Feinde bedrohten und teilweise 
schon besetzten Provinzen oder im Falle eines Aufruhrs gestattet ist, 
für das Reich als maßgebend zu erachten. Über das Vorhandensein 
der Voraussetzungen entscheidet vielmehr lediglich das Ermessen des 
Kaisers. 
Die kaiserliche Verordnung ist im Reichsgesetzblatt zu 
publizieren: Außerdem muß die Erklärung des Kriegszustandes bei 
rommelschlag und Trompetenschall verkündet, sowie durch Mitteilung 
an die Gemeindebehörden, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen 
und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntnis 
gebracht werden’. 
Die Wirkungen des Kriegszustandes sind folgende: 
1. Die vollzichende Gewalt geht auf die Militärbefehlshaber 
1 R.Verf. Art. 68. Die Behauptung Thudichums, Verf.R. S. 293, daß 
auch die in dem preuß. G. vom 4. Juni 1851 erwähnten Befugnisse der kom- 
mandierenden Generale und Festungskommandanten auf das Reich ausgedehnt 
seien, ist nicht richtig, da das preußische Gesetz, nur insofern es die Voraus- 
setzungen, Formen der Verkündigung und Wirkungen des Krriegszustandes 
regelt, im Reich Geltung erlangt hat. Vgl. dagegen Laband 4, 41'; Seydel, 
VRW. 1, 160; Haenel 1, 444; Loening, Verw.R,S.293. [Arndt, Staater., 
S. 476 stimmt mit Thudichum überein.f 
®2 Laband 4, 41. 
® [Laband 4, 41: Das Gesetz gestattet nur in zwei Fällen die Erklärung 
des Belagerungszustandes: Für den Fall eines Krieges in den von dem Feinde 
bedrohten oder teilweise schon besetzten Provinzen ($ 1) und für den Fall eines 
Aufrubrs bei dringender Gefahr für, die öffentliche Sicherheit ($ 2) Andere 
Gefahren für die öffentliche Sicherheit rechtfertigen die Erklärung des Kriegs- 
zustandes nicht. - 
* Die Bestimmungen des preußischen Gesetzes haben einen subsidiären 
Charakter, d. h. sie kommen nur in Anwendung, 'soweit reichsgesetzliche Vor- 
schriften nicht vorhanden sind. Die Voraussetzungen der kaiserlichen Befugnis 
sind aber in Art. 68 der R.Verf. ausreichend formuliert worden. Vgl. die 
Äußerungen des Bundesratsbevollmächtigten Graf zu Eulenburg in der 
Reichstagssitzung vom 16. Oktober 1878 (Sten. Ber. S. 312), G. Meyer 
Annalen 1880 S. 246 ff. — A. A.: Thudichum a. a. O. S. 289; v. Roenne 
a. a. OÖ. S. 84; der Kommissionsbericht des Reichstages vom 4. Oktober 1878 
(Sten. Ber. 2, 107); der Abgeordnete Beseler in der Reichstagssitzung vom 
16. Oktober 1878 (a. a. O0. 1, 311); Laband 4, 41* [mit dem Bemerken, daß 
G.Meyers Ansicht nirgends Anklang gefunden]; Zorn 1, 199; Haenel 1, 434* 
Brockhaus, Das deutsche Heer und die Einzelstaaten, S. m. 
5 G. vom 4. Juni 1851 $ 8.
	        
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