Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

[Medizinal- und Veterinärpolizei.] $ 78. 197 
Herstellen, Verkaufen und Feilhalten von Gegenständen, welche zur 
Fälschung von Nahrungs- oder Genußmitteln bestimmt sind. 
Die kaiserlichen Verordnungen müssen im Reichsgesetzblatt 
publiziert werden. Sie sind dem Reichstage vorzulegen, — wenn er 
versammelt ist, sofort, andernfalls bei seinem nächsten Zusammen- 
treten — und außer Kraft zu setzen, sofern der Reichstag dies ver- 
langt. Zuwiderhandlungen gegen die kaiserlichen Verordnungen 
‚werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft. Durch 
die dem Kaiser beigelegten Verordnungsbefugnisse werden landesrecht- 
liche Vorschriften über die betreffenden Gegenstände nicht ausge- 
schlossen. Es bleiben nicht nur die bisher bestehenden landesrecht- 
lichen Bestimmungen in Kraft, sondern es können auch künftighin 
solche erlassen werden. Sie dürfen jedoch eine höhere Strafe als die 
reichsrechtlich auf die Zuwiderhandlungen gegen die kaiserlichen 
Verordnungen gesetzte nicht androhen. Soweit sich eine solche An- 
drobung in älteren landesrechtlichen Anordnungen findet, ist die Strafe 
als durch das Reichsgesetz auf das dort festgesetzte Maß erniedrigt 
anzusehen. Im übrigen bestimmt sich das Verhältnis zwischen den 
kaiserlichen Verordnungen und den landesrechtlichen Vorschriften 
nach den gewöhnlichen Grundsätzen über das Verhältnis von Reichs- 
recht und Landesrecht. 
Auf Grund der dem Kaiser erteilten Ermächtigung sind einzelne 
kaiserliche Verordnungen ergangen!5®. Aber auch durch unmittelbare 
reichsgesetzliche Vorschriften ist eine Reihe von’Maßregeln angeordnet 
worden, welche sich auf Herstellung, Feilhalten und Verkauf einzeluer 
Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände beziehen !*. 
Neben den auf dem Reichsnahrungsmittelgesetz beruhenden Be- 
stimmungen bestehen noch [reichs- und] landesrechtliche Festsetzungen. 
Unter diesen sind namentlich [das Schlachtvieh- und Fleischbeschau- 
gesetz!T und] die meist durch Polizeiverordnungen eingeführte Unter- 
suchung des Schweinefleisches auf Trichinen zu erwähnen. [Nach 
Reichsrecht unterliegen Schlachttiere 1%, deren Fleisch '? zum Genusse 
  
16 V, über das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum 
vom 24. Febr. 1882 (REBl. S. 40), V., betr. das Verbot von Maschinen zur 
Herstellung künstlicher Kaffeebohnen, vom 1. Febr. 1891 (R.G.Bl. S. 11.) 
8 G., betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, vom 
25. Juni 1887. Abänderung durch G. vom 22. März 1888. G., betr. die Ver- 
wendung gesundheitsschädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungs- 
mitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 5. Juli 1887. G., betr. 
den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken, vom [24. Mai 
1901 (R.G.Bl. S. 175); G., betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und 
deren Ersatzmitteln, vom 15. Juni 1897 (R.G.Bl. S. 475); G., betr. die Schlacht- 
vieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1901 (R.G.Bl. S. 547); Süßstoff-Gesetz 
vom 7. Juli 1902 (R.G.Bl. S. 253)]. . 
17 (G. betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau (Fleischbesch.G.), vom 
2. Juni 1900 (R.G.Bl. S. 547). V. vom 30. Juni 1900 (R.G.Bl. S. 775), vom 
16. Febr. 1902 (R.G.Bl. S. 47), vom 7. Juli 1902 (R.G.Bl. S. 241); Abänd. der V. 
vom 18. Febr. 1902 durch Bek. vom 4. Juli 1908 (R.G.Bl. S. 470).] 
18 [Und zwar das Fleisch von Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen, 
Pferden und Hunden. Die Untersuchungspflicht kann durch Beschluß des 
Bundesrates auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden. Fleischbesch.G. $1.] 
10 [Unter Fleisch versteht das Gesetz $ 4 Teile von warmblütigen Tieren, 
 
	        
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