Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

6 Einleitung. $ 2. 
Etwas anders liegt das Verhältnis des Verwaltungsrechtes zu 
dem Privatrecht’. Zwischen beiden Rechtedisziplinen besteht in 
sofern eine enge Berührung, als Rechtssätze/vorkommen, die sowohl der 
einen als der anderen angehören. Es gibt Verwaltungsakte, die in 
ihrer Wirkung darauf hinausgehen, ein Privatrechtsverbältnis zu be- 
gründen, so z. B. die Verleihung des Bergbaurechtes (Bergwerk- 
eigentums), die Patenterteilung. Diese sind im Privatrecht zu be- 
handeln, weil ihr Zweck die Begründung von Privatrechten ist. Sie 
bilden aber, da sie den Charakter von Verwaltungshandlungen haben, 
zugleich auch einen Gegenstand verwaltungsrechtlicher Darstellung. 
Dasselbe Verhältnis besteht auf einzelnen Gebieten des vermögens- 
rechtlichen Verkehrs. Der Staat, soweit er nicht als Herrschermacht, 
sondern auf dem Gebiete des vermögensrechtlichen Verkehrs tätig 
wird, gilt nach unserem Rechte als Privatperson und steht unter den 
Regeln des Privatrechtes.. Die Handlungen, welche die Verwaltung 
im Bereiche dieses vermögensrechtlichen Verkehrs, z. B. beim Ab- 
schluß von Kauf- und Mietverträgen vornimmt, bedürfen daher keiner 
besonderen rechtlichen Regelung; es sind für sie die Vorschriften 
des Zivilrechtes maßgebend. Sie bilden daher auch keinen Gegen- 
stand verwaltungsrechtlicher Darstellung. Nun gibt es aber gewisse 
Verwaltungshandlungen vermögensrechtlicher Natur, welche nicht den 
allgemeinen Regeln des Privatrechtes unterworfen sind, sondern für 
die ein Spezialrecht besteht, so z. B. die Tätigkeit der Post, der 
Telegraphie, der Abschluß von Staatsanleihen. Die auf diese Ver- 
waltungstätigkeiten bezüglichen Rechtsgrundsätze sind, weil sie ein 
privatrechtliches Verhältnis zwischen dem Fiskus und dem Einzelnen 
zum Gegenstande haben, privatrechtlicher Natur und können daher 
in Systemen des Privatrechtes dargestellt werden. Sie bilden aber, 
da sie ein besonderes Recht für die Staatsverwaltung begründen, zu- 
gleich auch einen Bestandteil des Verwaltungsrechtes. 
Das Verwaltungsrecht erscheint als ein Zweig der Verwal- 
tungslehbre® oder Verwaltungswissenschaft. Verwaltungs- 
lehre oder Verwaltungswissenschaft ist die wissenschaftliche Dar- 
' [Nel. Spiegel, Verwaltungsrechtswi haft, S.141; Laband 8, 358, 
— Bornhak, Das Verwaltungsrecht in Preußen unter der Herrschaft des 
Bürgerlichen Gesetzbuchs. Verw.Arch. 8, 1; Stier-Somlo, Die Einwirkung 
des bürgerlichen Rechts auf das preußisch-deutsche Verwaltungsrecht, nur 
1. Lieferung 1900. Vgl. dazu Loening, Verw.Arch. 11, 162. 
® [G. Meyer, H.P.Oe.* 8, II. 196: „Verwaltungslehre ist die wissen- 
schaftliche Darstellung der auf die Verwaltung bezüglichen Grundsätze. Die 
Verwaltungslehre zerfällt in dag Verwaltungsrecht und die Verwal- 
tungspolitik, von denen ersteres die auf die Verwaltung bezüglichen 
Rechtsgrundsätze, letzteres die für die Verwaltung maßgebenden Gesichts- 
unkte der Zweckmäßigkeit zum Gegenstande hat.“ — Laband, Arch. £. öfl. 
. 2, 151: „Eine Beschreibung von allem zu geben, was der Staat tut und wie 
er es tut, mag der Verwaltungslehre überlassen bleiben; das Verwaltungsrecht 
muß sich begnügen mit der Analyse und Synthese der bei der Verwaltung des 
Staates zutage tretenden Rechtsverhältnisse und der zu ihrer Normierung ge- 
bildeten Rechtsinstitute.“ — Otto Mayer 1, 19 hält den Anschluß an die Ver- 
waltungslehre für die Darstellung des Verwaltungsrechts nicht für notwendig. 
„Es bietet doch mancherlei Nachteile. Juristisch Zusammengehöriges wird not- 
wendig dabei auseinandergerissen und für manches rechtlich Bedeutsame ist in 
diesem System überhaupt kein Platz zu finden.“] 
 
	        
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