|Medizinal- und Veterinärpolizei.] $ 83. 209
derselben festzustellen und der weiteren Ausbreitung entgegenzu-
treten.
Dem Zwecke, das Vorhandensein der Seuche festzu-
stellen, dienen: 1. die Anzeigepflicht, 2. die Ermittelungen von
Amtswegen ®,
Eine Verpflichtung zur Anzeige einer ausgebrochenen Vieh-
seuche oder von Erscheinungen, die den Ausbruch einer Seuche be-
fürchten lassen, an die Polizeibehörde liegt ob: 1. bei der Rinderpest
jedem, der zuverlässige Kunde davon erlangt, daß ein Stück Vieh an
derselben krank oder gefallen ist!®, 2. bei einigen anderen gesetzlich
bestimmten Viehseuchen I: dem Besitzer des betroffenen Viehs und
an dessen Stelle dem Vertreter in der Wirtschaft, ferner demjenigen,
dem die Aufsicht über das Vieh übertragen ist, dem, der es in
Obhut hat, dem Begleiter von Tieren auf einem Transporte, dem
Besitzer von Gehöften, Stallungen, Koppeln und Weiden, in denen
sich fremde Tiere befinden, den Tierärzten und allen den Personen,
welche sich gewerbsmäßig mit Ausübung der Tierheilkunde be-
schäftigen, den Fleischbeschauern einschließlich den Trichinen-
beschauern, ferner den Personen, welche das Schlächtergewerbe be-
treiben, sowie solchen, die sich gewerbsmäßig mit der Beseitigung,
Verwertung oder Bearbeitung tierischer Kadaver beschäftigen !*, Die
Unterlassung der Anzeige ist strafbar.
Die Ermittelungen von Amtswegen können entweder
durch eine Anzeige veranlaßt oder von der Polizeibehörde aus eigener
Initiative unternommen werden. Der beamtete Tierarzt hat die Art,
den Stand und die Ursachen der Krankheit zu ermitteln, sein Gut-
achten abzugeben und anzugeben, welche Maßnahmen ihm erforder-
lich erscheinen. In eiligen Fällen trifft er seine Anordnungen auch
vor dem Einschreiten der Polizei, der Vorsteher des verseuchten
Ortes hat für die Durchführung der dringlichen Maßregeln zu sorgen.
Läßt sich der Ausbruch einer Seuche nur durch Tötung und Zer-
legung eines verdächtigen Tieres, durch Impf- oder Blutprobe er-
mitteln, so kann die Polizeibehörde diese Maßregeln anordnen. Dem
Besitzer des verdächtigen Tieres ist vorbehalten, auch seinerseits
einen approbierten Tierarzt zu den Untersuchungen zuzuziehen. Bei
erheblichen Meinungsverschiedenheiten unter beiden Tierärzten oder
bei Bedenken der Behörden gegen die Erhebungen des beamteten
Tierarztes ist ein tierärztliches Obergutachten einzureichen ".
Die Maßregeln, welche die Weiterverbreitung der Seuche
hindern sollen, sind teils vorläufige, teils definitive Maßregeln.
16 (Vgl, auch Kirchner, Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchen-
bekämpfung im Deutschen Reich und in Preußen. 1907.]
16 S
R.P.G. $ 4.
17 [V.S.G. $ 10 zählt die Seuchen auf, für welche Anzeigepflicht besteht.]
9#. — Vom Ausbranche des Be hat die Polizeibehörde den
" V8.G.
Militärbehörden Mitteilung zu machen. (V.S.G
VSG.$ 15.
Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht. 3. Aull. 14