216 Zweites Buch. Fünfter Abschnitt. $ 85.
In allen Volksschulen wird ein konfessioneller Religions-
unterricht erteilt. .In der konfessionellen Schule ist nur
‚ein konfessioneller Religionsunterricht, d. h. der Religionsunterricht
in der Konfession zulässig, welcher die Schule angehört. In der
paritätischen Schule wird, wenn ein Bedürfnis dafür vorhanden ist,
ein mehrfacher konfessioneller Religionsunterricht erteilt. Überall
gilt der Grundsatz, daß diejenigen Kinder, welche in einer anderen
Konfession erzogen werden sollen oder deren Eltern einer anderen
Konfession angehören, zum Besuch des Religionsunterrichtes nicht
verpflichtet sind”.
Für die höheren Lehranstalten bestehen keinerlei gesetz-
liche Vorschriften über ihren konfessionellen Charakter. Infolge-
dessen hat die Verwaltung im allgemeinen freie Hand, ob sie den-
selben einen konfessionellen oder paritätischen Charakter beilegen
will. Eine Ausnahme machen nur diejenigen Anstalten, die stiftungs-
gemäß einer bestimmten Konfession angehören, bei diesen muß der
konfessionelle Charakter erhalten bleiben. Im übrigen ist es der
Regierung unbenommen, den Charakter zu ändern, konfessionelle An-
stalten in paritätische und paritätische in konfessionelle zu verwandeln.
An den konfessionellen höheren Schulen werden nur Lehrer der be-
treffenden Konfession angestellt und der Religionsunterricht lediglich
im Sinne dieser Konfession erteilt. Dagegen werden, soweit nicht
stiftungsmäßige Bestimmungen entgegenstehen, auch Schüler anderer
Konfession unter Dispensation vom Religionsunterricht zugelassen.
An den paritätischen Anstalten können Lehrer jeder Konfession an-
gestellt werden®, und es findet nach Bedürfnis die Erteilung eines
mehrfachen konfessionellen Religionsunterrichtes statt.
Die Erteilung des Religionsunterrichtes geschieht durch die vom
Staate angestellten Lehrer?, und das dem Staate zustehende Leitungs-
Jahrb. d. öffentl. R.8, 108: Rintelen, Die Volksschule Preußeus in ihrem Ver-
hültnis zu Staat und Kirche nach Erlaß des Schulunterhaltungsgesetzes. 1908;
über Rintelens Auffassung vgl. Dirksen, Verw.Arch. 17, 397]
? Die Frage, ob konfessionelle oder konfessionell- gemischte Schulen be-
stehen, hat eine große Bedeutung, für Länder mit konfessionell gemischter
Bevölkerung. Wo dagegen eine Konfession ganz überwiegend vertreten ist,
werden die tatsächlichen Verhältnisse ziemlich gleichartig sein, einerlei ob recht-
lich konfessionelle oder paritätische Schulen bestehen. Die Schulen gehören
entweder sümtlich oder doch ganz überwiegend der herrschenden Konfession
an, die Lehrer werden regelmäßig aus dieser genommen und der Religions-
unterricht in derselben erteilt unter Dispensation der vereinzelten Kinder anderer
Konfession. Dieser Zustand besteht tatsächlich in denjenigen kleineren, über-
wiegend protestantischen Ländern, welche wie die schwarzburgischen Fürsten-
tümer, Lippe und Bremen, gesetzlicher Vorschriften über den konfessionellen
Charakter der Schulen entbehren. Rechtlich ist die Verwaltung hier in der
Juage, nach ihrem Ermessen entweder konfessionelle oder konfessionell-gemischte
Anstalten zu errichten,
® In Baden ist gesetzlich ausgesprochen, daß au Gelehrtenschulen Lehrer
jeder Konfession angestellt werden können. (G. vom 11. Febr. 1870).
® Eine Ausnahme besteht in Bayern, wo die Anordnung und Leitung des
Religionsunterrichtes den Religionsgesellschaften überlassen ist, in Württemberg,