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Organisation dieser Verbände bestehen aber ın Deutschland zwei
Systeme nebeneinander. Das erste System, welches namentlich im
orden und Osten Deutschlands verbreitet ist, legt die Schullast be-
sonderen Verbänden auf, welche lediglich zu diesem Zwecke
gebildet sind und den Charakter sog. Verwaltungsgemeinden haben.
(Schulgemeinden, Schulsozietäten, Schulverbände.)
Die Schulverbände haben einen räumlich abgegrenzten Bezirk und
bestehen aus der Gesamtheit der selbständigen Bewohner (Hausväter)
dieses Bezirkes®. Die Verteilung der Lasten auf die Einzelnen ge-
schieht unter Berücksichtigung der von denselben zu zahlenden Staats-
oder Gemeindesteuern und des Herkommens durch Gemeindebeschlüsse
unter Bestätigung der Aufsichtsbehörden oder durch bloße Anordnungen
der letzteren. Nach dem anderen Systeme, welches namentlich im
mittleren und westlichen Deutschland gilt, ist die Sorge für die Schule
eine Verpflichtung der politischen Gemeinde* Hier werden
die Kosten des Schulwesens entweder aus den allgemeinen Gemeinde-
mitteln bestritten oder zu diesem Zweck besondere Umlagen erhoben,
die sich nach Maßgabe der Gemeindelasten verteilen. Ist eine Ge-
meinde zu klein, um allein eine Schule zu unterhalten, so kann sie
mit benachbarten Gemeinden vereinigt werden. In einem solchen
Falle wird der Maßstab, nach dem die vereinigten Gemeinden zu den
Kosten der gemeinsamen Schulen beitragen, unter Berücksichtigung
ihrer Seelenzahl und der in ihnen gezahlten direkten Staatssteuern
von der Aufsichtsbehörde festgestellt. In Notfällen, wenn die Mittel
der Gemeinde oder des Schulverbandes nicht ausreichen, tritt er-
gänzend der Staat ein’. Streitigkeiten über die Heranziehung ein-
® Dieses System ist das des preuß. A.L.R. Teil 11. 'Titel 12 $$ 29—38. Es
besteht u. a. auch in Sachsen. (In Preußen gilt jetzt das G. betr. die Unter-
haltung der öffentlichen Volksschulen, vom SB. uli 1906. Es gilt für die
Monarchie mit Ausnahme der Provinzen Westpreußen und Posen, für die mit
Rücksicht auf die nationalen Verhältnisse ein besonderes G. geplant ist. Vgl.
Loening, Die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen und die Schulverbände
in Preußen. Jahrb_ d. öffentl. R.8. 68. Das G. ist abgedruckt im Jahrb. 1, 214;
Anschütz bemerkt dort (1, 208), das G. enthalte vieles und viel, mehr jeden-
falls als sein Titel andeute, immerhin sei es doch nicht das von der Verfassung
einst verheißene Gesetz. welches „das ganze Unterrichtswesen“ erschöpfen
regeln sollte; es sei nicht einmal ein „Yo sschulgesetz“ im vollen Sinne dieses
Wortes, denn es befasse sich nicht mit allen Seiten des Elementarunterrichts-
wesens und lasse z. B. die bestehenden Gesetze und Verordnungen über Stellung,
Rechte und Pflichten der Lehrer, über Sehulpflicht, Lehrgegenstände und Lehr-
pläne, über Organisation und Befugnis der Schulaufsicht unberührt.]
* Dieses System besteht u. a. in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen,
Elsaß-Lothringen.
® In Preußen ga geregelt durch das Schulunterhaltungsgesetz vom
28. Juli 1906 $$ 171. Vgl. dazu Loening, Jahrb. 8, 120.], Sachsen, Elsaß-
Lothringen. In Baden werden die Lehrergehalte jetzt aus der Staatskass«e
bestritten, die Gemeinden haben zu diesem Zweck Beiträge an den Staat zu
entrichten. Nur die größeren Städte, welche der Städteordnung unterstehen,
zahlen die Lehrergehalte aus eigenen Mitteln.