II. Universitäten u. Hochschulen #. techn. u, künstl. Berufsarten. $ 90. 297
lediglich allgemeine Bildung gewähren, die französischen in einzelnen
Fakultäten aufgelöst sind, die nur die Aufgabe verfolgen, für be-
stimmte Berufszweige vorzubilden, ist die charakteristische Eigentüm-
lichkeit der deutschen Universitäten die Verbindung von Fachbildung
und allgemeiner Bildung.
Das Recht, Universitäten zu errichten, steht jedem
deutschen Staate zu. Die Errichtung einer Universität ist ein
Verwaltungsakt; eine Zustimmung des Landtages ist nur wegen der
finanziellen Dotierung erforderlich. Die Kompetenz des Reiches
erstreckt sich nicht auf das Universitätswesen. Die Errichtung einer
Reichsuniversität im Gebiete eines Bundesstaates kann daher nur
mit Zustimmung des betreffenden Staates oder unter Wahrung der
für die Abänderung der Reichsverfassung vorgeschriebenen Formen
erfolgen. Nur im Gebiete des Reichslandes Elsaß-Lothringen ist das
Reich zur Errichtung von Universitäten befugt, ohne an diese Er-
fordernisse gebunden zu sein.
Die Verfassung der einzelnen Universitäten ist durch Statuten
geregelt®. Die Universitäten haben den Charakter öffentlicher
Korporationen. Sie besitzen Organe, welche die Universität zu
vertreten und die derselhen zustehenden Rechte auszuüben haben.
Es steht ihnen die Befugnis zu, durch statutarische Anordnungen
und Festsetzungen verbindliche Vorschriften für ihre Mitglieder zu
erlassen. Diese statutarischen Anordnungen bedürfen der Bestätigung
durch die Regierung. Die Universitäten haben ein eigenes Ver-
mögen. So weit dieses zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse nicht aus-
reicht, treten ergänzend die Zuschüsse des Staates ein.
%® Mit der Auflösung des Reiches ging zwar die gleichartige Grundlage,
auf der die deutschen Universitäten bisher beruht hatten, die kaiserlichen
Privilegien, verloren. Trotzdem haben diese nicht aufgehört, eine nationale
Gemeinschaft zu bilden. Bei der Besetzung von Professuren erfolgt die
Auswahl der zu Ernennenden aus allen an deutschen Universitäten wirkenden
Dozenten. Die von einer deutschen Universität erteilten akademischen Grade
werden in ganz Deutschland anerkannt. Die an einer deutschen Universität
immatrikulierten Studenten können auf Grund des Abgangszeugnisses dieser
Universität bei jeder anderen deutschen Universität immatrikuliert werden. Der
Ausschluß von einer Universität wirkt auch für die anderen Universitäten. Das
ür gewisse Berufsarten geforderte Universitätsstudium kann an jeder deutechen
Universität absolviert werden. Die früher in einzelnen Ländern hinsichtlich
les Besuches ausländischer Universitäten erlassenen Verbote sind beseitigt, die
Forderung. daß jemand, der im Dienste eines Staates angestellt werden sollte,
eine bestimmte Zeit auf inländischen Universitäten studiert haben mußte, ist
aufgegeben worden. .
Die Universitäten haben den Charakter von sich selbst regierenden
Korporationen bewahrt, die allerdings unter starkem Einfluß des Staates
stehen. Ihre Gerichtsbarkeit haben sie eingebüßt. Diese wurde schon in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf geringere Vergehen der Studenten und
Zivilklagen gegen dieselben beschränkt Später ist ihre vollständige Aufhebung
erfolgt: auf den süddeutschen Universitäten schon durch Landesgesetzgebung,
ür das ganze Gebiet des Deutschen Reiches durch das Reichsgerichtsver-
Tastungsgesetz. (Vgl. Stein, Die akademische Gerichtsbarkeit in Deutschland
)
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. *° Allgemeine gesetzliche Vorschriften enthält das preuß. A.L.R, Teil II,
Tit. 12 8 GE Dieselben sind jedoch größtenteils antiquiert. Eine Übersicht
e
der Universitätsstatuten bei Roesler, Deutsches Verwaltungsrecht 2, 166.
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