Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Einleitung. $ 3. y 
Das Verhältnis von Reichs- und Landesrecht ist auf dem Gebiete 
des Verwaltungsrechtes dasselbe wie auf anderen Rechtsgebieten 6 
. Autonomische Festsetzungen’. Von diesen kommen 
auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes in Betracht die Statuten 
der Kommunalverbände und der mit Verwaltungsfunktionen betrauten 
öffentlich rechtlichen Korporationen, sowie die Geschäftsordnungen 
der kollegialisch organisierten Verwaltungsbehörden und Verwaltungs- 
gerichte®. 
3. Gewohnheitsrecht. Wie im Staatsrecht überhaupt, so 
kann auch auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes eine Bildung 
von Rechtssätzen im Wege der gewohnheitlichen Übung stattfinden. 
Bei der genauen Fixierung der Rechtsgrundsätze in Gesetzen und 
Verordnungen ist jedoch die tatsächliche Anwendbarkeit des Ge- 
wohnheitsrechtes nur eine geringe. 
Die Verwaltungsorgane haben, da ihre Tätigkeit teils in der 
Ausübung staatlicher Herrschaftsrechte, teils in der Administrierung 
staatlicher Anstalten besteht, die auf diese bezüglichen Rechtsgrund- 
sätze aber nur durch den betreffenden Staat selbst festgestellt werden 
können, lediglich die Rechtsquellen des eigenen Landes anzuwenden. 
Ausländisches Verwaltungsrecht ist für sie ohne Bedeutung. 
Da das Verwaltungsrecht im Gegensatz zum Privatrecht nicht 
die Begründung und Regelung individueller Rechte, sondern die Ver- 
wirklichung öffentlicher Interessen bezweckt, so äußern Änderungen 
im Rechiszustande ihre Einwirkung auf alle bestehenden Rechtsver- 
hältnisse und schwebenden Angelegenheiten. Die Verwaltungsorgane 
einschließlich der Verwaltungsgerichte haben daher stets die Rechts- 
vorschriften in Anwendung zu bringen, welche zu der Zeit, wo sie 
einen Verwaltungsakt vornehmen oder eine Entscheidung treffen, 
sich in Geltung befinden. Auch bei Entscheidungen in der Be- 
schwerde- und Berufungsinstanz sind die inzwischen ergangenen Ge- 
  
° Vgl. Meyer-Anschütz $& 167; |Laband 2, 103.] , 
..‘ [Otto Mayer 1, 126; Laband 1, 100; Gierke 1, 142: „Autonomie 
heißt die Befugnis eines Verbandes, der nicht Staat ist, sich selbst Recht zu 
setzen. Das kraft Autonomie gesetzte Recht wird dem Gesetz als Satzung 
gegenübergestellt.“ . . 
8 [Otto Mayer 1, 127'? hält diese Geschäftsordnungen nicht für Rechts- 
sätze, und wären es Rechtssätze, so wären es keine autonomischen, weil das 
„eigene Recht“ fehlt; es könnten nur Verordnungen sein] . u , 
® v. Stengel, Art. Gewohnheitsrecht V.R.W. 1, 607. — Die Möglichkeit 
des Gewohnheitsrechtes auf dem Gebiete der Verwaltung bestreitet Grote- 
fend, preuß. Verw.R. 1,381. — [Literatur bei Gierke 1,159; B. Schmidt. 
Das Gewohnheitsrecht als Form des Gemeinwillens 1899. — Otto Mayer 1, 131 
sagt: „Von verwaltungsrechtlichem Gewohnheitsrecht wird ungemein häufig 
eredet, wenn es gilt, eine Aufstellung zu belegen ohne weitere Erörterung. 
n Wirklichkeit ist diese Rechtsquelle nur für einen ganz engen Kreis von Be- 
deutung, der uns aus der Handhabung des geltenden Rechtes deutlich abgegrenzt 
entgegen tritt.“ Dagegen weist Anschütz darauf hin im Verw.Arch. 6,594 
(und 5,392), daß das Gewohnheitsrecht für die Verwaltung auch heute noch, trotz 
der dominierenden Stellung des Gesetzesrechts auf diesem Gebiete eine ver- 
hältnismäßig große Bedeutung besitzt. Vgl. auch Verw.Arch. ö, 14°; ferner 
Rosin, Polizeiverordnungsrecht?, S. 20 Sniegel S. 184 über Otto Mayers 
Bekämpfung des Gewohnbeitsrechts; Hatschek, Konventionalregeln oder über 
die naturwissenschaftl. Begriffsbildung im öffentl. Recht. Jahrb. d. öff. R. 8, 36.]
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.