10 Einleitung. $ 4.
setze zu berücksichtigen. Nur wenn ein Verwaltungsakt auf Grund
der Behauptung angefochten wird, daß er dem bestehenden Rechte
zuwider sei, ist bei der Entscheidung über das Rechtsmittel dasjenige
Recht zugrunde zu legen, welches zur Zeit der Vornahme des Ver-
waltungsaktes in Geltung war!®,
4. Literatur des deutschen Verwaltungsrechts'.
84.
Wissenschaftliche Bearbeitungen des Verwaltungsrechtes stammen
erst aus neuerer Zeit. Das Verwaltungsrecht hat aber Vorläufer in
anderen Wissenschaften gehabt, von denen es sich allmählich als
selbständige Disziplin loslöste. Im wesentlichen bestehen für das
Verwaltungsrecht zwei Anknüpfungspunkte. Der eine liegt im
Staatsrecht. Die Wissenschaft des Stantsrechtes umfaßte ursprüng-
lich sowohl den Stoff, den man jetzt als Verfassungsrecht oder Staats-
recht im engeren Sinne, als den, welchen man als Verwaltungsrecht
zu bezeichnen pflegt. Die staatsrechtlichen Werke aus der Zeit
des alten deutschen Reiches und des deutschen Bundes enthalten
daher neben dem verfassungsrechtlichen auch verwaltungsrechtliches
Material, wenn auch letzteres gegenüber dem ersteren in den Hinter-
grund tritt. Der zweite Anknüpfungspunkt liegt in der Polizei-
und Kameralwissenschaft?. Diese Disziplinen stellten sich
die Aufgabe, den künftigen Beamten die Kenntnisse zu überliefern,
deren sie bei Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem Gebiete der inneren
und Finanzverwaltung bedurften. Die Bearbeiter behandelten aber
die von ihnen erörterten Fragen mehr vom politischen, als vom
Rechtsstandpunkte; es kam ihnen weniger darauf an, Rechtsgrund-
sätze zu entwickeln, als Gesichtspunkte zweckmäßigen Verhaltens
aufzustellen.
Diese Art wissenschaftlicher Bearbeitung der auf die Verwaltung
bezüglichen Disziplinen konnte genügend erscheinen, so lange das
Verwaltungsrecht im wesentlichen auf Verordnungen und Instruktionen
der höheren: Verwaltungsorgane beruhte. Als aber im Laufe des
19. Jahrhunderts die gesetzliche Regelung des Verwaltungsrechtes
immer weiter fortschritt, konnte die bisherige Behandlung nicht mehr
für genügend erachtet werden. Zuerst fingen die Systeme des
pertikulären Staatsrechts an, dem Verwaltungsrecht eine eingehendere
arstellung zu widmen. Bahnbrechend war in dieser Beziehung
0.V.G. , 376; 6, 285, 270. [Otto Mayer 1, 108'? bemerkt dazu, daß
man das eigentlich eine rückwirkende Kraft des Verwaltungsgesetzes nicht
nennen könne.
.. 1 [Wertvolle Angaben über deutsches Verwaltungsrecht enthält auch das
Österreichische Staatswörterbuch von Mischler und Ulbrich. 2. Aufl. 1905—09.]
2 [Über Staatsrecht im engeren und weiteren Sinne vgl. Jellinek, All-
gemeine Staatslehre?. 1905. S.
s [Über die Literatur des Verwaltungsrechtes auch der älteren Periode
vgl. Loening, Ver.R. S. 21; G. Meyer, H.P.Oe.* 8, II 196; auch Spiegel,
Verwaltungsrechtswi haft. 1909. Einleitung.]