Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

248 Zweites Buch. Sechster Absehnitt. $ 97. 
tum ist als ein Eigentum am Flußbett, nicht als ein Eigentum an 
der Wasserwelle anzusehen®. Die Privatflüsse stehen im Eigen- 
tum der anliegenden Grundeigentümer; das Eigentumsrecht erstreckt 
sich aber auch bei ihnen nur auf die Ufer und das Flußbett, nicht 
auf das Wasser; an diesem ist, weil keine physische, auch keine 
rechtliche Herrschaft möglich!®. Flüsse, welche schiffbar oder flöß- 
bar waren und später aufhören, zur Schiffahrt oder Flößerei zu dienen, 
verlieren trotzdem ihre Eigenschaft als öffentliche Flüsse nicht. 
Ebenso wenig erlangt ein Privatfluß dadurch, daß er schiffbar oder 
flößbar gemacht wird, die Eigenschaft eines öffentlichen Flusses; die 
Verwandlung eines Privatflusses in einen öffentlichen kann vielmehr 
nur im Wege der Enteignung stattfinden. 
Die Verhältnisse der Landseen, die einen Durchfluß besitzen, 
entbehren bis jetzt einer eingehenden gesetzlichen Regelung. Im 
Zweifel finden die für Flüsse geltenden Grundsätze bei ihnen eine 
analoge Anwendung. 
Die künstlichen fließenden Gewässer (Kanäle)!! stehen 
im Eigentum dessen, der sie angelegt hat. Dies kann entweder ein 
Privatgrundeigentümer sein, der sie auf seinem eigenen Grund und 
Boden hergestellt hat, oder der Staat, ein Kommunalverband, eine 
Aktiengesellschaft, welche die zur Herstellung erforderlichen Grund- 
stücke im Wege des Kaufes oder der Enteignung erworben haben. 
Der Hauptzweck dieser künstlichen Wasserstraßen ist die Vermitt- 
lung des Schiffahrtsverkehrs. 
3. Die Verwaltungsmaßregeln des Staates er- 
strecken sich: 
a) auf die Benutzung des Wassers, 
b) auf den Wasserschutz. 
Die Ausführung dieser Maßregeln geschieht aber nur zum Teil 
durch die staatlichen Verwaltungsorgane, zum Teil dagegen 
durch korporativ organisierte Verbände der beteiligten 
Grundbesitzer. Diese Verbände werden unter Mitwirkung der 
eigentum aufgefaßt werden, neben welchem dem Staate natürlich auch Hoheits- 
rechte am Fluß zustehen. A.A. Otto Mayer, V.R.W. 2, 591. Nach seiner 
Meinung besteht ein Unterschied zwischen Preußen und Süddeutschland. Die 
süddeutschen Gesetzgebungen haben den Begriff des öffentlichen Eigentums 
dem französischen Rechte entlehnt, so daß das Eigentum des Staates am Flusse 
sich als eine vollkommen rechtliche Beherrschung darstellt, welche aber nicht 
nach den Regeln des Privatrechtes, sondern nach denen des öffentlichen Rechtes 
ausgeübt wird. Dagegen soll das Staatseigentum am Fluß nach preußischem 
Landrecht nur eine Verbindung von Hobeitsrechten mit privatrechtlichen 
Nutzungsbefugnissen sein. Diese Verschiedenheit der Gesetzgebungen ist aber 
nicht nachgewiesen. [Ygl. Gierke und Otto Mayer an den angegebenen 
® Die Old. W.O. hat eine dreifache Einteilung: 1. Die öffentlichen Ge- 
wässer des Staates, die speziell aufgezählt sind; 2. die im Sinne des Gesetzes 
als öffentliche Wasserzüge bezeichneten Flüsse, d. h. diejenigen, welche in 
das Wusserregister eingetragen sind; sie werden als im Eigentum der Gemeinde 
befindlich angesehen; 3. die Privatflüsse. — [Dus Bad. Wass.G. $ 2 bezeichnet 
die im Eigentum stehenden natürlichen Wasserläufe als nicht öffentliche] 
® [Endemann, Sachenr. S, 513.] 
10 A,A. Otto Mayer. V.R.W. 1, 427. 
1 (Vgl. Otto Mayer 2, 123.]
	        
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